Bericht von einer kurzweiligen Reise nach Monte Carlo
Den Mutigen gehört die Welt. Nach vielen Jahren und noch mehr Bewerben im Gleichmäßigkeitssport reiste Peter Pech mit der Rallye Monte Carlo Historique 2015 an die Cote d’Azur. Ein „Spaß“ für ganze Männer.
Wintervergnügen?
Unser Freund Peter Pech betreibt seit vielen Jahren Sport mit historisch wertvollen Fahrzeugen verschiedener Marken und berichtet in lancianews darüber – allerdings nur nach leisem (?) Druck von mir. Tue Gutes, genieße und schweige. Seine Berichte werden allerdings recht eifrig gelesen, seien sie aus dem Waldviertel oder dem Ennstal, seien sie aus dem Sommer oder dem Winter. Blättern Sie im Drivers Journal ab 2007.
Und weil „man“ sich ja steigern muss, reichen Wintertourenfahrten und Planai Classics in ausreichender Anzahl nicht mehr, „man“ strebt nach Größerem bzw. wird als guter Beifahrer zu Größerem berufen. So geschah es 2015: Peter Pech reiste mit Gerhard Pegam in einem entsprechend ausgerüsteten Porsche 924 turbo von Turin an die Cote d’Azur – und das Ende Jänner/Anfang Februar. Die Reise führte nicht nur über gut geräumte Hauptstraßen, nutzte auch die mondhellen oder stürmischen Nächte in den französischen Seealpen, hatte ein enges Zeitkorsett mit anfordernden kleinen Spurts und fand im Rahmen der XVIII Rallye Monte Carlo Historique statt.
lancianews hat bereits zweimal von dieser Riesenveranstaltung (ca. 300 Teilnehmer, die von verschiedenen Startorten in Europa nach Monte Carlo reisen) berichtet: 2009 versuchte Peter Landrichter auf einem Volvo 123 GT von Turin aus sein Glück, schied aber mit Getriebeproblemen aus. 2013 berichteten wir von der Teilnahme des Monte-Veterans Kurt Schimitzek mit seiner Fulvia 1,3 S – Platz 14 nach temporärer Führung am Beginn.
Kurz die Rahmenbedingungen dieses Bewerbes:
- Startorte: Barcelona (992 km), Kopenhagen (2.261 km), Glasgow (2.140 km), Reims (1.098 km) und Turin (786 km bis Monte Carlo)
- „Konzentrationsstrecke“ von Monte Carlo nach Valence: 538 km
- Klassifikationsrunde Valence – Valence: 378 km
- Gemeinsame Strecke 1 und 2: Valence – La Turbie 403 km
- „Nacht der langen Messer“: 168 km
- 14 Gleichmäßigkeitsprüfungen mit mehreren Messstellen
Und nun hat Peter Pech das Wort:
„Feuerland“ liegt in den Französischen Seealpen
Auch wenn manch einer womöglich nun erwarten wird, ich würde hier behaupten, dass der portugiesische Seefahrer, Entdecker und Kapitän Fernando de Magallanes in den Französischen Seealpen herumgesegelt ist, der irrt! Der Autor dieser Geschichte stellt auch den von Kapitän Magallanes erbrachten Nachweis, dass die Erde eine Kugel ist, nicht in Frage – lediglich behaupte ich, dass manch eine Minute etwas länger sein kann, als manch andere! Jedoch ist nicht überliefert, dass auch Magellan derartige Überlegungen bei seiner Reise angestellt hat. Aber auch er hatte damalig schon das allerbeste Karten- und Navigationsmaterial bei seiner Reise mit – so auch wir. Aber zu Herrn Magellan und seinen Beobachtungen komme ich noch etwas später in meiner Erzählung.
Zur Geschichte: Vor etwas mehr als einem Jahr, wurde ich von Gerhard Pegam als Beifahrer, bei einer Orientierungs-Rallye in der Steiermark erstmalig spontan verpflichtet. In einem springenden Hengst, reich an Leistung und der Fahrer reich an fahrerischem Können haben wir aus dem Auto mit festem Blick in manch ein Dackelgesicht geblickt (Sitzhöhe). Angetrieben durch zahlreiche Geschichten von Bekannten aus der Szene, stürzten wir uns in dieses sehr unterhaltsame Abenteuer. Durch die Rallye wurden wir gleich zu Beginn tiefste Demut gelehrt – uns ist der Treibstoff, gleich am ersten Abend, mitten im Wald ausgegangen- Kanister eingefüllt – die Suche nach einer Tankstelle gestartet, das Abendessen ausgelassen, ab ins Tal, Treibstoff aufgenommen, kurz den aktuellen Rallye-Verbrauch festgestellt (zarte 27 Liter) und zurück zur Abendpause. – die Ausfahrtszeit nicht geschafft, mit 3 Minuten Strafzeit in den zweiten Teil der Nachtetappe gestartet. Genau so, wie man das bei einer Rallye schätzt und mag – Chaos pur. Drei Autos in der gleichen Startminute – welches Ego hat mehr Platz vor dem Lichtschranken? Jedoch hatten wir dann am zweiten Tag kurz eine reelle Chance, die an uns gestellten Aufgaben halbwegs ordnungsgemäß zu erfüllen und die Etappen in der vorgeschriebenen Zeit zu finden, zu befahren sowie zu auch in der verlangten Zeit richtig beenden! Der Spaß kam dabei nicht zu kurz und plötzlich ging uns der berühmte und viel zitierte „Knopf“ auf. Wie bei manch einer Rallye, muss man(n) auch die Aflenz Klassik mindestens zweimal fahren, um das System und die gestellten Aufgaben zu erfassen und auch sogleich umsetzen zu können. Das Zusammenspiel zwischen Fahrer & Beifahrer hatte die ganze Rallye über geklappt und wir haben uns auch noch nach der Zieldurchfahrt freundlich gesprochen und gelacht!
Der Kontakt verlief nach der Veranstaltung lose via facebook – wir hatten auch noch ein anderes, gemeinsames und einspuriges Enduro-Interesse, welches uns immer wieder miteinander in Kontakt treten ließ. Irgendwann tauchte von Gerhard die Idee der Teilnahme an der Rallye Monte Carlo Historique 2015 auf. Er fragte mich auch recht früh, ob ich als Beifahrer mit ihm dieses Abenteuer in Angriff nehmen würde. Na, und was liebe Leser glauben Sie, habe ich auf diese Frage geantwortet? JA !!! Eines der letzten großen Abenteuer, die ein normaler [?? – Anmerkung der Redaktion] Mensch „heute“ in Angriff nehmen kann! Die Begeisterung war sofort da, das Interesse groß – die Informationen zu dem Event wurden rundum eingeholt und abgefragt. Das Projekt wuchs immer mehr, ein Auto (Porsche 924 Turbo) wurde bei Mike Höll ( http://www.classica-automobile.at/ ) in Salzburg gefunden und gemietet. Die Nennbestätigung traf ein – die Freude war groß, wir wurden als Teilnehmer angenommen! Die notwendigen Umbauarbeiten wurden nun eiligst geplant und umgesetzt, die ersten Probefahrten mit dem Auto gemacht. Die drei Teams, die gemeinsam unter der professionellen Betreuung von Mike Höll, Hans und Mike Hölzl durchgeführt wurden, sind: Peter & Dominik Rickauer auf Porsche 911, Reinhard Moser & Luca Massaro auf Porsche 911 und das Team Gerhard Pegam/Peter Pech auf Porsche 924 Turbo. Die Teams hatten sich zu einer kleinen Proberallye in Salzburg getroffen – es gab einiges zu überlegen und umzusetzen – so auch die Auswahl des richtigen Tripmasters und diverse andere Dinge, die bei einer derartigen Rallye von Nutzen sein können, wollten bedacht, hergerichtet und mitgenommen werden. Es gab zwei Betreuungsfahrzeuge und langsam hatte das ganze Abenteuer den Umfang einer „echten“, professionellen „schnellen“ Rallye. Die Rallye erlaubt alles an Elektronik, was es aktuell für teures Geld zu kaufen gibt – so haben auch wir die Anschaffung eines Blunik-Tripmasters überlegt – aufgrund der schlechten Manuals im Internet und der mehr als verwirrenden Dokumentation die Anschaffung aber wieder verworfen. Unser Setup war ein Brantz S und eine uralte, elektronische Schnitttabelle – in Kombination mit einem Navi (Strecke via GPS vorab einprogrammiert), einem Kartensatz mit voreingezeichneter Strecke, einem gekauften Roadbook (von den sympathischen Wikingern!), zwei Funkuhren, einer Schnitttabelle, mehreren Formeln und einem Taschenrechner.
Die Entscheidung für den Brantz hat sich später als fatal herausgestellt – die Bedienbarkeit auf einer engen, „schnellen“ SP ist zwecks Korrektur nicht immer möglich, manchmal unmöglich – und manchmal garantiert sie die „Zwischendurch-Katastrophe“ während der SP.
Der geübte Rallye-Pilot und Beifahrer wird die folgende Erklärung mit Sicherheit verstehen – alle anderen sollten einfach erst wieder einen Absatz weiter unten weiterlesen – und: NEIN, der Autor gibt KEINE Nachhilfe in Oldtimer Rallye-Schnittfahren (!!). Warum ist der Brantz ungeeignet: trotz eines Modus, in dem eine Durchschnittsgeschwindigkeit angezeigt wird (mit eigener Anzeige für den Fahrer) kann dieses Gerät auf losem Untergrund nicht empfohlen werden. Der erfahrene Teilnehmer weiß, dass die geografischen Landmarks auf langen Schnittprüfungen extrem wichtig sind – man kann die Anzeige der Strecke nach diesen einstellen / wieder korrigieren- und somit den Schnitt – umso wichtiger wird dies, wenn die SP-Länge bis zu 60 km beträgt, UND über Schnee und Eis führt – den Berg hoch, den Berg runter – alles mit einem Schnitt zwischen 45 km/h (einmalig!) und 48 bis eher 49 und 49,8 km/h. Der Brantz hat kleine, silberne Hebelchen mit denen der Tripmaster angehalten, gestartet und GENULLT werden kann (der Hebel ganz oben rechts) – all diese drei Funktionen sind auf EINEM Hebel gelegt – und: JA, die Bodenwellen waren zahlreich und somit plötzlich IN DER SP (!!) die Kilometeranzeige NULL- d.h. nun galt es das Ding anzuhalten, einen Drehknopf zu betätigen und die nächste Landmark musste voreingestellt werden (welcher ist die jetzt nächste? Ist die nächste auch sichtbar?) – ja, mitten in der SP, mit einem Fahrer, der „um`s Leben fährt“ und nach einer Tendenz (richtig/zu schnell/zu langsam)/einer Angabe fragt – zu Anfang noch nett – nach ca. 15 Sekunden nicht mehr so ganz… Was aber auch verständlich ist, die Strecken waren echt hardcore mäßig eisig, schmal und durch zahlreichen Gegenverkehr ausgezeichnet. Also während der Pilot nun wie wild Gas gegeben hat und dabei versucht hat das Auto auf der Strecke zu halten, musste ich navigieren (Abzweigungen!! – das Navi wollte uns ständig AUS der SP locken!!) den Brantz versuchen einzustellen, die RICHTIGE nächsten Landmark dafür zu finden und den Schnitt wieder korrigieren / uns richtig einpendeln. Alles nur ein Klacks – klar – speziell des Nächtens – der Albtraum jedes erfahrenen Beifahrers. Diese „netten“ Vorkommnisse führen dann dazu, dass das Team plötzlich um 240 Meter vor dem Schnitt ist, was natürlich in diesem Präzisions-„Sport“ Welten, wenn nicht Galaxien sind.
Die dann vom Beifahrer offiziell gesprochenen Worte „…Du, wir sind jetzt um 260 Meter zu schnell“ werden sofort freundlich durch den Piloten aufgenommen und keinesfalls durch Beifügen irgendwelcher anderer Aussagen ergänzt oder kommentiert. Als Beifahrer rutscht man in so einem Moment ohnehin zwischen Fußmatte und Bodenplatte – erleichtert wird das ganze durch Sektionen, die unmöglich im Schnitt befahren werden können: Serpentinen in zahlreicher Folge, Schnee und Eis, Abschnitte die, trotz sensationeller Fahrzeugbeherrschung mit nur max. 30 km/h befahren werden können, machen es nicht einfacher. Sprich, das Team war auch ab & zu für längere Zeit bis zu 190 Meter HINTER dem Schnitt, trotz heftiger Aufholversuche dauerte es manchmal sehr lange, bis das auch wirklich möglich war. Aufgrund der sehr forcierten Fahrweise, war damit der Schlupf am Abnahmerad (Front) recht heftig und die Abweichungen umso ärger – in beide Richtungen! Die Bodenwellen und Erschütterungen waren dabei natürlich auch nicht ohne- und „schwupp“ – schon war das Hebelchen am Brantz, trotz intensivster Anstrengung, schon wieder falsch bedient…
Langsam gewöhnt man sich auch an dieses Equipment und korrigiert nur dann, wenn es wirklich gefahrlos möglich ist – mit dem Nachteil, dass die Anzeige auch dabei wieder nicht stimmt. Ein kleines Beispiel sei nur noch geschildert: auf der SP1 (ZR nennen die Franzosen eine SP), die knapp 12 km lang war, startete vor uns ein silberner Porsche 911 aus der Schweiz – eine Minute VOR uns – die Strecke war extrem kurvig und es war fast unmöglich, den Schnitt zu halten. Als wir nun „um`s Leben fuhren“ und immer noch weit hinter dem Schnitt waren, tauchte nach ca. 9 Kilometern plötzlich der Porsche vor uns auf – nach weiteren 1,5 Kilometern haben wir das Auto dann in der SP überholt – die SP ist einspurig gewesen – und waren vor ihm im Ziel – es war mir aber die ganze SP nicht möglich gewesen, den Brantz zu korrigieren, da ich entweder fest im Gurt hing, oder auch gar nicht wusste, wo wir derzeit auf der SP waren – also, in Entfernung / bei welcher Landmark – entsprechend war unser SP-Ergebnis – entsprechend die Begeisterung meines Piloten…
Genug über diese Kleinigkeiten berichtet – das Bordleben war somit etwas angespannt und die Suche nach einer zufriedenstellenden Lösung durch den Beifahrer lief auch Hochtouren. Die Fehlersuche führte sogar so weit, dass ich ALLE Dinge gecheckt habe – sogar, ob die elektronische Schnitttabelle richtig anzeigt (50 km/h Schnitt = 5 km in 6 Minuten – mit der Stoppuhr überprüft) – es konnte also nur über die Korrektur der Anzeige gesteuert werden – Fingerspitzengefühl war gefragt- und die richtige Reihenfolge der Ansage, über die sich mein Pilot auch ab und zu beschwert hatte. Ich stelle in einer SP Weg VOR Zeit – Gerhard wollte immer zuerst die Abweichung zum Schnitt hören – und nicht die Entfernung zur nächsten Abzweigung / zur nächsten Landmark – auch so etwas geht einem Beifahrer im Lauf der Jahre in Fleisch und Blut über und lässt sich nicht so leicht umstellen.
Nun zur Strecke – sowie der Rallye an und für sich:
Wir haben den Startort Turin gewählt- Anreise am Vortag nach Asti – ein Bekannter (Orthopäde) hatte uns dort ein Hotel mit harten Betten empfohlen. Nach einem tollen Abendessen ging es zurück in die kalten Zimmer und am nächsten Tag mit den Autos nach Turin – nach einer kurzen Reinigungs-Session bei einer Tankstelle, fuhren wir bei strahlendem Sonnenschein direkt ins Centro auf die Piazza Castello / Via Roma. Dort fand die administrative und technische Abnahme statt – herrlich italienisch und freundlich!
Früh des Morgens auf der windigen und saukalten Piazza hatten sich auch die Mitglieder des Turiner Motor- & Rallye Clubs versammelt. Zahlreiche Lancia Stratos, ein echter S4, 037er Rally, Unmengen an Delta Integrale, Fulvias, Betas, Fiat 131, 124, A112, und andere „Rallye-Geschwüre“ waren abgestellt und zu besichtigen – und klar, alles herrlich italienisch. Jeder dort tat so, als wäre er der nächste Rallye-Weltmeister und die Siegerehrung rein nur mehr eine Frage der Zeit…! Es war 10 Uhr Morgen, die administrative Abnahme geschafft, einzig eine nicht funktionierende Hupe trennte uns noch von einer erfolgreichen technischen Abnahme. Dank unseres erfahrenen Service-Teams wurde auch diese Hürde bewältigt. Bekannte Gesichter (Anja und Pepi Panis mit Porsche 356, Herr Dr. Pierer mit Porsche 924) angetroffen und manch witziges Gespräch geführt – immer wieder mit Blick auf die Uhr – das erste Auto würde abends erst um 18.30 Uhr starten („tick-tack-Zeiger, gib Gas!!“) im Caffé Torino (sehr empfehlenswert!!) den dritten Cappuccino getrunken, das dritte Prosciutto-Weckerl verdrückt, den zweiten Spaziergang und Streifzug durch die nähere Umgebung gemacht, Bananen und Bounty für die folgende Nachtetappe gekauft („tick-tack-tick…“ – der Zeiger ist immer noch vieeel zu langsam!!!), zahlreiche Fotos gemacht, telefoniert, mit dem Dominik über das Schnittfahren gesprochen, und wieder sind 45 ganze Minuten vergangen…uff!! Ich will endlich losfahren und nicht erst in acht Stunden, wenn ich wieder müde sein werde… – Madonna!
Die zahlreichen Autos wurden durch die einheimische Bevölkerung bewundert – und die hübsche weibliche Bevölkerung von den Teilnehmern. Man mag es kaum glauben, auch dieser Tag ist vergangen und es wurde langsam Abend. Ich kannte mittlerweile ALLES in einem Radius von ca. 800 Metern und meine Nerven waren etwas angespannt. Ich will LOSFAHREN – JETZT – Kurt Simitschek angetroffen, er war so freundlich und hat mir in 10 Minuten alle Tipps & Tricks aus dem Vorjahr verraten, er und sein Pilot waren ja in diesem Jahr voll auf Sieg geeicht! Der Porsche 911 S mit der Startnummer 4 stand auf der Piazza in absoluter Pole Position. Das Stoschek / Brose- Team war reich an Köpfen und legte einen echten Show-Auftritt hin!
Plötzlich wurden Stratos-Motoren hör- und im Bauch spürbar! Der Rallye Club stellt sich zum Start an? Begleitschutz? Voraus-Autos? Wie geil ist das denn…?!! Auch hier begann wieder eine typisch italienische Show, eine absolut liebenswerte und geile Show! Es wurden Autos gestartet und mit heftigen Gasstößen am Leben gehalten – „bella musica“ by Lancia Stratos. Dem ist nichts hinzuzufügen, Autos wurden rangiert und aufgestellt, doch dann wieder retour gestellt – große Diskussion – wildes Fuchteln – Umstellen von Autos – es wurden Autos herum geschoben – „Grande Casino“ – große Aufregung- wilde Gesten, Blicke unter Motorhauben, doch das Standgas noch ein wenig nachgestellt. Stratos doch abgestellt, um doch gleich wieder angeworfen zu werden – dazwischen ein 037er, der nach vorne will – nein, doch der Stratos nach vorne – halt, der andere Stratos – herrliches Chaos – Gruppe 4 versus Stradale, dazwischen Teilnehmer, die zu ihren Autos gehen, Fotos die gemacht werden wollen, Blitzlichtgewitter, Videos werden gedreht & auf live auf „Gesichtsbuch“ gestreamt – dazwischen eine Musikkapelle in Uniform – wichtige Personen auf der Startrampe, immer neue Gesichter, tolle Ansagen in feinstem Italienisch – Maestro Fellini, es hat seinen Grund, warum Du in diesem wunderbaren Land Regisseur geworden bist! Wir lieben Euch genau für diese Show und Lässigkeit – wundervoll – und siehe da, die Zeit vergeht plötzlich doch!
Endlich – Start – das erste Auto rollt in die Nacht auf die Via Roma, davor zwei Lancia Stratos, dahinter ein 037er nach – Herz, was willst Du mehr? Wird uns auch noch ein Gruppe 4 Stratos vorausfahren und den Weg durch die mittlerweile angewachsenen Zuschauermassen ebnen? Der Platz leert sich langsam und zügig – endlich sind auch wir an der Reihe: Start Team 239 um Punkt 20:00 Uhr – das Roadbook (von Wikingern gekauft – inklusive aller Strecken / Etappen für’s GPS) auf den Knien, die Leselampe an, geht es durch das abendliche Turin hinaus zur ersten Passierkontrolle (CP = PK, CH = ZK) nach Carmagnola. Gar nicht so einfach aus einer Stadt mit so vielen Abzweigmöglichkeiten und Kreisverkehren heraus zu kommen – aber wir haben auch das hervorragend geschafft. Weiter nach Pinerolo – schon gibt es die ersten Unstimmigkeiten mit dem Roadbook – egal, einfach mal der Nase nach – plötzlich stimmen die Chinesenzeichen wieder zur Strecke, weiter geht es in Richtung Sestrieres hinauf. Die Steigungen beginnen – plötzlich sind unser Teamkollegen Reinhard & Lucca mit dem 911er vor uns (ca. 20 Startnummern vor uns gestartet) und schon beginnt die erste forcierte „Besteigung“ des Berglands außerhalb von Turin.
Was ist das? Regen? Ähh – nein, das Zeug ist weiß – Schnee! Na super, hat ja nicht lange auf sich warten lassen – wir haben es ja auch so gewollt, wird „unsere“ Monte gleich zu Beginn eine Schnee-Schlacht? Sollen wir jetzt schon auf Spikes umsteigen? Wir schrauben uns die Berge hoch, teilweise wird der Schneefall rund um uns immer heftiger – dann plötzlich wieder um eine Kurve rum, wieder etwas weniger – was tun? Wie entwickelt es sich? Wir warten ab, die neuen Winterreifen funktionieren super und wir lassen Reinhard im 911er ziehen – die ganze Rallye liegt noch vor uns, wir müssen nicht gleich am ersten Tag unser Auto irgendwo „parken“ und in die Botanik werfen. Wir lassen es langsamer angehen, wir nehmen das Tempo bewusst zurück – wir hatten auf den ersten 60 Kilometern ohnehin ca. 30 Autos überholt – teilweise, weil die Strecke tricky war – speziell aus Turin raus und dann danach auch gleich so geblieben ist. Es haben sich viele verfahren – und weil wir einfach flott gefahren sind. Passierkontrolle Sestrieres – vier Stunden nach dem Start – Punkt Mitternacht – erst 121 km von Turin entfernt – Vorzeit ca. 20 Minuten – sind keine „Welten“, die erste Zeitkontrolle wird dann in Embrun sein. Am Weg dahin ziehen wir durch und über die Berge, teilweise heftiger Schneefall, tolle Strecken, manch alte Festung zieht an uns vorbei. Geschichten über das Enduro-Fahren werden erzählt, uns begegnen immer mehr Autos von Ski-Urlaubern auf dem Weg zu ihren Winterquartieren – die Schlange wird länger und es sieht toll von oben kommend aus, wie sich die Lichterkette den Bergen entlang bewegt. Dazwischen immer wieder geübte Fahrer auf Sommerreifen – wir kommen gut durch zu unserem ersten Servicepunkt – Wechsel auf Spikereifen – und an uns zieht die endlose Urlauber-Karawane vorbei.
Plötzlich: Happy Birthday to you!! – Gerhard hat heute Geburtstag, natürlich habe ich die letzten Sekunden bis zum Datumssprung laut eingezählt – Geburtstag im Rallye-Stil. Alles Gute!
Embrun – 202 km nach Start Turin – 6 Stunden 30 Minuten nach dem Start, um halb drei Uhr Morgens, dort mit deutlicher Vorzeit – Zeit zum Tanken, Essen,… – uff- die Rallye zeigt ihre ersten Spuren, es geht weiter- die nächste Etappe nach Saint Andre les Alpes ist mit 10 Stunden von Embrun aus angesetzt- dort treffen alle Teilnehmer aufeinander (Sternfahrt) – dort bekommen wir auch das GPS / Trippy 2 des Veranstalters eingebaut – ab dort gibt es strenge Speedkontrollen und Pönale, im schlimmsten Fall bis zum Ausschluss aus dem Bewerb.
Embrun – Forcalquier (PK) – einige PKs – alles spät in der Nacht, kein Schnee mehr weit und breit- leere Gegend, fast alles dunkel, wir sind müde, sehr, sehr müde- ein Stopp mit Schlafpause wird überlegt. 30 Minuten schlafen – bringt uns das was? Die nächste PK wird abgewartet, ab in den Ort – es gibt einen Zettel vom Veranstalter – Umleitung – fuck, PK – WO bist Du? Es beginnt eine Suchfahrt, und: wir sind dabei in bester Gesellschaft! Endlich – 20 Minuten Irrfahrt in einem Kaff – alles für einen Stempel, dort kaum Leute – fein, wie finden wir wieder auf unsere Route? Können wir dem Navi trauen – wir müssen, es klappt – zurück auf der „Dxx“ in Richtung der nächsten PK – es kommt noch besser: Ortsumfahrung gesperrt! Zettel vom Veranstalter – mitten in der tiefsten Nacht steht da plötzlich einer in der Pampa, am Rande eines Ortes und deutet uns in eine Richtung – laut Zettel richtig, nur kommt das zweite Zeichen einfach nicht – wo sind wir? Wo ist die PK? Ortsumrundung – großräumig – die Stimmung steigt – nein, ich weiß leider nicht, wo es genau lang geht, lieber Fahrer- ich bin hier genauso fremd wie Du! Aha, da kennt ein Franzose vor uns den Weg! Oder doch nicht? Hmmm – Irrfahrt die Zweite – aha, da gibt es wieder eine Straßenbezeichnung (Nr.), die im Roadbook steht – da entlang!! – oder doch nicht? Wir fahren nun zum zweiten Mal auf anderer Strecke um das Kaff, dort können alle glücklich schlafen. Grrr!!! Irgendwie finden wir wieder zwei Franzosen, fahren denen nach und kommen zu einer Sporthalle aus den fröhlichen 60zigern. Mein Fahrer will nicht raus – ich, als grenzenloser Optimist träume von einer Badewanne voll Cappuccino (in Frankreich!!) und gehe rein. Ah ja – französische Turnhalle aus den 60zigern also – so riecht es hier – so sieht es hier auch aus. Ich würde da drinnen nicht mal alte Autos abstellen wollen, es riecht nach Kaffee – CAPPUCCINO – ich komme…! Uarggh – Filterkaffee – ich HASSE Filterkaffee – Milch aus, Zucker gab es scheinbar ohnehin nie, was tut man nicht als übermüdeter Monte-Teilnehmer am AdW in der besagten Turnhalle? Alles, um wieder munter zu werden… – man(n) muss Opfer bringen. Mit Verachtung nehme ich den ersten Schluck der zähen Brühe – Schock! – ein Koffein-Tsunami überkommt mich! NIE MEHR SCHLAFEN zuckt mir durch den Kopf – und:: wo kann ich hier JETZT kotzen? Dieser Kaffee wird von den einheimischen Teilnehmern genossen und zelebriert, die stehen zusammen und plaudern, dazu nippen sie immer wieder am Bio-Waffen-Kaffee! Ich armer Wiener Bub will diesen nur schnellst möglich wieder loswerden! Ort gefunden – lieber doch in die Natur raus – die Toilette wurde scheinbar letztmalig kurz vor der Eröffnung der Turnhalle gereinigt!
Raus auf den Parkplatz, ab in den Busch – mein Fahrer wartet – weiter geht es – so wach wollte ich gar nicht werden!! Courthezon (PK) – Vaison la Romaine (PK) – langsam graut uns der Morgen. Kurz vor Sederon beginnt unser Auto seltsam zu ruckeln – da werden wir wieder munter – sehr munter! Es wird heller – aber noch nicht ganz! Und um bei Heller zu bleiben: Verwunschen, verwunschen – das Ruckeln wird heftiger – Scheiße! Plötzlich – STILLSTAND – mitten im Nirgendwo, raus aus dem Auto, saukalt, hall, müde, die Winterstiefel werden angezogen, alles angezogen, was im Auto mitgeführt wird – Motorhaube auf – nichts zu sehen – SCH…..!!!! Das Telefon gezückt, Service angerufen – wir stehen da ca. 70 km vor Sederon, vor der nächsten PK, und abgesehen vom Stillstand: ein bisserl Benzin würde uns generell auch nicht schaden! Einheimische Landbevölkerung taucht auf – wir brillieren im feinsten Französisch: „Motor finito – no power – over“ – wir werden sofort verstanden, einer gibt sich als Einser-GTI Fahrer zu erkennen – Blick in den Motorraum – keine heilenden Blicke, keine Wunderhände – claro- Franzosen! Beifahrer geht weiter in Richtung PK, um bei der nächsten Weggabelung dem Service einen Anhaltspunkt geben zu können, die haben zwar eine Karte, aber kein Roadbook! Dafür ist der Akku meines Handy am Ende – genau so habe ich mir eine perfekte Vorbereitung vorgestellt, gerade ich, der eh immer alles vorherzusehen versucht, der Anruf gelingt, die Jungs vom Service meinen: „…chhrhh-knack… Leitungsrauschen – wir sind in ca. einer Stunde bei Euch…“. Na super, bis dahin sind wir schockgefroren und alle an uns vorbei, manche Teilnehmer bleiben stehen und fragen, keiner kann helfen – wir wissen nicht, was los ist. Plötzlich findet mein Fahrer ein loses Massekabel an der Lichtmaschine – Werkzeug raus, angeklemmt – „Wrumm“ Motor läuft – es kann weitergehen!! Uff – wir sind nun wieder vollkommen wach und happy, es geht weiter – auf zum Service, die Jungs kommen uns ja entgegen. Alles wird gut – Service, neues Massekabel, Benzin bis zur Kante – UND: frische, warme Croissants – Frankreich: je taime!! Beide mittlerweile mit den Zahnstochern im Aug am Weg nach Saint Andre les Alpes – und graut der Morgen, es wird Vormittag, später Vormittag, Mittag – wir spulen Kilometer für Kilometer ab – ist die Rallye geil? Ja, aber wir sind einfach nur saumüde und hoffen das das Auto hält! Diese Nachtetappe ist der Voll-Schaß, da gibt es einen bösen, kleinen Buben in meinem Kopf, der sagt mir: „…warum lässt Du denn eigentlich nicht die Nachtetappe von einer anderen Crew abspulen und wechselst erst kurz vor der CH (= ZK) die „Einser-Mannschaft“ ein? Solche Dinge gehen einem da dann schon durch den Kopf. Endlich, Saint Andres les Alpes – große Pause – das Trippy wird installiert, wir essen, trinken, reden, sind vollkommen überdreht – warten auf die Weiterfahrt nach Monte Carlo in den Park Fermé – auf das Bett im Hotel – SCHLAFEN !!! – Endlich es geht weiter: 3 Stunden 15 Minuten nach Monte Carlo, es wird wärmer, es wird grün, nun noch die erste Kalibrierungsstrecke – die einzig offizielle des Veranstalters – das Rechenzentrum wird angeworfen – die erste Sonderprüfung kann kommen!
ZR1 (SP1) St. Jean – Levens – 11,97 km mit 48,xx Schnitt + eine 30er-Zone in der SP – Durchfahrtszeiten ausgerechnet – los geht`s – die ersten Wegpunkte passen – es wird winkelig = die ersten Abweichungen – die ersten Anpassungsversuche – nichts stimmt, wir sind hinter dem Schnitt, Gerhard raucht voll an – wir sind noch immer hinten – plötzlich der vor uns gestartete Porsche – wie eingangs beschrieben, wir an ihm vorbei – Ergebnis unbekannt – vorerst. Wie wir nachher erfahren, waren wir um Lichtjahre zu schnell, ich wurde durchgeschüttelt, konnte kaum korrigieren, wusste nicht mehr, wo wir in der SP gerade waren. KEIN guter Start! Wie auch immer. Wir fuhren in Richtung La Turbie – verpassten unser Service, wir waren schneller dort als die Service Crew = Fehler Nummer 2: kein Serviceplan erstellt! In MC angekommen, haben wir noch eine Zwischen-Etappe vor uns: vom MC Beach Hotel ins Zentrum zum Hafen – Park Fermé – endlich, wir rollen durch Monte Carlo, wir sind da, das Auto hat gehalten! Es ist 15:45 Uhr – Vorzeit erlaubt – wir waren ca. 34 Stunden auf den Beinen…
Das Hotel „Fermont“ in Monte Carlo (ehemals Grand Hotel) liegt direkt an der Löws-Kurve und war als Quartier nach dieser ersten Nachtetappe DER Hammer, tolles Bad, Super-Bett, Blick direkt auf’s Meer, tolles Frühstück am nächsten Morgen – das erste Auto startete bereits um 06.00 Uhr aus MC zur Etappe MC – Valence. In Valence werden wir die nächsten beiden Nächte verbringen.
Der Tag war eigentlich relativ angenehm – erste SP nach rund 80 km – „Pont de Clans“ – 13,22 km – weiter zu einer PK nach Digne les Bains und dann zur SP3 „Selonnet“ mit knapp 29 Kilometern. Heftiges Drehen am Lenkrad, Vollstress mit der Kilometrierung / dem Tripmaster. SP 4 „Chichilianne“ mit knapp 20 km, zur SP5 „La Cime du Mas“ mit knapp 25 km Länge, weiter zur ZK nach Saint Nazaire-En-Royans und dann Valence. Wir sind sehr früh dort, freuen uns auf ein Hotelzimmer, ein Abendessen mit dem gesamten Team. Das Hotel entpuppt sich als 2-Sterne Hotel, die Dusche/WC ist ein Plastikkubus im Zimmer, rundum ca. 1,5 cm Platz, egal – gutes Abendessen, sehr gute Stimmung, viel Bier – früh ins Bett, am nächsten Tag erstmalig wieder „normal“.
Die Etappe des Tages (Valence – Valence) führt uns nach 56 km zur ersten SP des Tages: ZR6 (SP6) „Saint Pierreville“ (Sankt Petersstadt?) mit 60,55 km Länge – 50 km nach dieser SP beginnt gleich die SP7 „Burzet“ mit 41 km Länge – ich beginne massiv mit meinen Gegenmaßnahmen an diesem Tag, um die Kilometrierung und die Ergebnisse zu verbessern – erste Erfolge stellen sich ein! Die SPs folgen dicht an dicht: SP 8 „Col du Faux“ mit knapp 21 km – heftiges Eis & Schnee – wir bleiben einmal kurz stecken, kommen aber nach ca. 20 Sekunden wieder aus dem Schneeloch und können die SP fertig fahren – weiter zur SP9 „Lamastre“ mit knapp 37 km und über ca. 20 Berge drüber – zumindest hat es sich so angefühlt! ZK in Tournon und nach nur 26 km sind wir wieder in Valence. Leider haben wir auch hier unser Service nicht gefunden und müssen mit leerem Tank in den Park Fermé einfahren. Abends haben wir einen Tisch im Steakhaus ergattert und können erstmalig in Ruhe essen und trinken, das Hotel kannten wir ja bereits, alle berichten von ihren Erlebnissen – alle freuen sich auf die Etappe am nächsten Tag: Valence – Monaco. Und nach der Einfahrt in Monte Carlo, werden wir abends dann die „Nacht der langen Messer“ in Angriff nehmen – Nervosität macht sich breit!
Die Etappe nach Monaco bietet nach 70 km die erste SP (ZR10) „Saint Nazaire le Desert“ mit 23 km Länge – 4 Berge von Start bis Ende. Chaos pur mit Kilometrierung / Schnitt, wir geben auch hier wieder alles! Weiter zur SP 11 „Verclause“ mit knapp 37 km – auch hier wieder: Eine Orgie über mehrere Berge – eine heftige SP – auch hier wieder Gegenverkehr und sehr gefährliche Abschnitte – Gerhard fährt alles extrem souverän und sicher! Die folgende SP 12 „Puget-Theniers“ mit knapp 31 km ist ebenso heftig wie landschaftlich schön – ZK in La Turbie führen uns am Nachmittag zurück nach Monte Carlo.
Alle Autos müssen in den Park Fermé – wir haben davor getankt und sind erstmalig beruhigt beim Abstellen des Autos! Das Warten beginnt – die „Nacht der langen Messer“ beginnt für das erste Auto um 21.00 Uhr. Ab ins Hotel – Zimmer beziehen – duschen – essen – an die Luft.
Ich gehe spazieren und versuche meine Erkältung mit Meeresluft zu mildern. Es zieht mich in Richtung Park Fermé, dort gib es ein Zelt des Veranstalters mit Musik und Buffet – man kann die Anspannung der Teilnehmer spüren, alle sind nervös, überdreht und keiner kann es erwarten, endlich ins Auto zu steigen und auch noch die letzte Etappe und die letzten zwei Sonderprüfungen unter die Räder zu nehmen! Es gibt eine hervorragende Gemüsesuppe mit Fleischeinlage, wunderbarste Salami, Spezialitäten und, man mag es kaum glauben: echt guten Rotwein! Es treibt mich in den Park Fermé, ich besichtige alle abgestellten Autos, viele Autos haben Kampfspuren, es gibt auch ausgefallene Teilnehmer – arme Kerle! Die Dichte der Autos ist gewaltig – echte ehemalige Renault-Werksautos – mit dem damaligen Star-Fahrer am Lenkrad (Jean Ragnotti), Renault Gordini, DS21, Alpine, R5, Peugeots, Alfas, Porsche, Lancia, Saab, BMW – tolle Rallyeautos – viele nette Gespräche entstehen zwischen den Teilnehmern.
Die Spannung steigt, bald startet das erste Auto – es ist so weit, auch wir stellen uns am Start an, sehr viele Zuschauer umgeben uns – eine wirklich tolle Stimmung zum Start in die Nacht der Nächte! Los geht es: über den Boulevard Albert schrauben wir uns aus der Stadt, raus aus Monte Carlo, den Berg hoch nach Cap d’Àil, La Turbie, Saint-Martin de Peille, entlang an steilen Felswänden stechen die Scheinwerfer unserer Scheinwerfer-Batterie in die Nacht. Regen – immer stärker, je höher wir kommen – ja, es wird Schnee-Regen! Wir wissen, dass einige Teilnehmer auf Slicks gestartet sind, sind wir auf unseren Spikes doch richtig geblieben?
Wir glauben ja! Weiter geht es – die Spannung nimmt zu – wir fahren hinter einem jungen Mann in einem A112 nach – sein Vater war immerhin der Gründer des bekannten Chardonnet-Teams- der Spross ein bekannter Rallye-Nachwuchsfahrer. Wir ziehen mit, mal mehr, mal weniger – wir haben echten Spaß und ich merke, dass das Adrenalin gut tut, gut für diese lange und harte Nacht. Nach etlichen Kilometern erblicken wir immer mehr Servicemannschaften – es ist so lässig, wir fahren eine Oldtimer-Gleichmäßigkeits-Rallye und hier stehen Servicemannschaften rum, wie bei einer „echten / schnellen“ Rallye – so geil!
Die erste SP der „Nacht der langen Messer“ rückt näher- SP 13 / ZR 13 „Luceran“ – wir stellen uns an, wir wollen raus, die Warterei macht nichts besser! Mehr als 26 km warten auf uns – eine Kurvenorgie mit mehreren Abzweigern, ich bin voll konzentriert und fokussiert, wir werden eingezählt – los geht es, ab in die dunkle Nacht, ich spüre die Kurven und wage es kaum vorne rauszusehen. Die Kilometrierung passt – ich passe den Tripmaster an, der Schnittcomputer (den Lichtknopf mit einer Hand die ganze Zeit gedrückt) hilft sehr die Übersicht zu bewahren, trotzdem sehne ich mir meine Schnitttabellen und meine analoge Stoppuhr und einen Halda herbei. Nichts da Herr Pech – hier wird gefahren und nicht geträumt! – die Sonderprüfung ist irre – Kurve an Kurve, Kehre an Kehre, Abzweigungen, Zuschauer, die Schnee in die Kehren werfen, damit wir noch mehr quer fahren – ich versuche ab und zu vollkommen sinnlos den Tripmaster anzupassen – keine Chance! Es drückt mich in den Gurt – wir hätten das Ding wesentlich näher an mir befestigen sollen – ich sehe Feuer vor mir – Lagerfeuer! Auf der Innenseite einer Kehre- mitten in der Kehre, sehe ich in ein Tal mit vielen Lagerfeuern – sind das alles Kehren? Bei jedem Lagerfeuer? Aber, es sind so viele…. Ist das Feuerland? Ähnlich erging es Kapitän Magellan bei seiner Reise entlang der Küste Südamerikas, er sah in jeder Nacht zahlreiche Lagerfeuer der eingeborenen Bevölkerung – und so erlangte das Lande seinen Namen: Feuerland! Lagern hier die (wilden) Einheimischen, die uns jeden nur greifbaren Schnee in die Kehren werfen werden? JA!! – es ist so. Es folgt eine Kurven- und Kehren-Orgie aller erster Klasse – wir verpassen keine Abzweigung, finden durch die Ortschaft ohne auch nur einmal mit der Wimper zu zucken, es läuft richtig gut – einzig das bekannte Problem mit der Anpassung der Kilometrierung / dem Einpendeln des Schnitts gelingt nicht immer auf der SP. Zu oft geht es mal bergauf und wieder bergab, mal drauf, mal davor, mal hinten – teilweise zu wenige Landmarks. Nach den knapp 27 Kilometern ist mein Handrücken wundgescheuert von einem Teil oberhalb des Tripmasters, egal – ein echter Indianer kennt keinen Schmerz! Weiter geht es, nach nur sieben Kilometern wartet das „Walhalla“ der Rallye- Sonderprüfungen auf uns: der Col de Turini – die SP 14 (ZR14) „La Bollene – Vesubie“ 53 Kilometer durch die Nacht – schon wie zu vor gibt es auch hier eine wilde Abfolge an Kehren: Bis auf den Col de Turini (1.607m) warten acht Kehren auf uns – wir verpassen keine Abzweigung, erwischen alles auf den ersten Anlauf – kaum auf dem Turini, gleich nach 80 Meter links abbiegen – perfekt, nach 900 Meter wieder eine Linkskehre, die erste von sechs folgenden Kehren – auch hier: wir sind in Feuerland – große Lagerfeuer in jeder Kehre – ich sehe wilde Gestalten im Augenwinkel herumspringen! Es geht weiter – wir driften durch jede Kehre – wir bieten eine wirklich geile Show – Kehre auf Kehre, kaum Zeit zum Einpendeln – weit hinter dem Schnitt- Gerhard gibt alles – und ein bisschen mehr. Neue Kehren, neue wilde Kurven – wenig Landmarks – leider nulle ich auch hier wieder irrtümlich den Tripmaster- schnell eingestellt- verdammt – die Laufrichtung der Ziffern ist falsch- wieder alles neu starten, umpf – Landmark auf Landmark folgt, keine passt zu meinem Roadbook / zu dem, was ich vor mir aus dem Auto erkennen kann. Verdammt, wo sind wir? Endlich, eine Kehre bringt Gewissheit, wo wir sind, es beginnt die neuerliche Justierung – ein Tunnel bringt Gewissheit – wir sind richtig und halbwegs am Schnitt – halbwegs! Es folgt eine wilde Abfahrt mit wenigen Landmarks – ich komme vollkommen aus der Kilometrierung, dunkle Nacht, wenige Landmarks, Sch…! – Kehren kommen – da sind wir also! Es beginnt ein neuerliches Justieren der Kilometrierung, der Gurt & die Kehren lassen mich verzweifeln- es gelingt so halbwegs wieder eine richtige Einstellung zu finden- es folgen sechs Kehren- wieder stimmt die Anzeige nicht – wir müssen schnell fahren (und dazu auch hart bremsen = negativer Schlupf). Wir sind anfangs um Kilometer zu langsam (nicht wirklich Kilometer – aber 180 Meter sind ja auch nicht gerade wenig!) und dann wieder zu schnell – leider haben wir das in der Rallye schon zu oft erlebt, während der Aufholjagd ist es doppelt schwer sich anhand der Landmarks einzupendeln- 53 Kilometer Sonderprüfung werden für mich zur Höllenqual – mühsam pendeln wir uns ein, ein paar Kilometer weiter folgen Kehren und Kurven – wieder vorbei mit der Präzision – es stimmt wieder nichts. Kurz eine normale Strecke- neuerlich folgen vier Kehren – wieder weg von der Kilometrierung. Ich warte auf eine Landmarke – sie kommt nicht / war sie schon? Shit – wieder irrtümlich bei einer Bodenwelle genullt, neu vorgestellt, warten auf die nächste Landmarke – endlich. Eine Abzweigung – ich natürlich auf eine Landmark zuvor eingestellt – die war (für mich?) nicht erkennbar – Shit- wieder drehen / verstellen. Mein Fahrer ist mittlerweile in Weißglut (!), es geht dahin – Abzweigung an Abzweigung – manch eine ist real, manch eine zeigt einen querenden Feldweg. Masten als Orientierung sind bei fehlender Kilometergenauigkeit keine Hilfe – ist das der erste Mast, oder der siebente, der das vorbeihuscht…? Ah. Der beschriebene Container laut Roadbook, der sollte grün sein, nicht gelb! Shit, habe ich einen Abzweig verpasst? Sind wir richtig?
Eine Nachrangtafel! Noch nie habe ich mich so sehr über eine Nachrangtafel gefreut! Wir sind richtig! Ich habe einen Anhaltspunkt, wir waren gerade eben um 260 Meter VOR dem Schnitt (zu schnell) – mein Fahrer beginnt zu schweigen, was für mich zwar angenehmer ist, aber nicht unbedingt ein Indiz für seine Zufriedenheit darstellt… Es gelingt die Kilometrierung zu halten- wir rollen so ca. zwei km dahin – nun schon wieder: zwei Kehren, wilde Kurven- es geht wieder los: wir fahren VOLL, die Kilometrierung entgleitet neuerlich – da, ein Schild – Bahnübergang- aha, da sind wir – Tripmaster stoppen – Neustart, passt – zu schnell- wir bremsen uns ein – Ortsschild Sospel – SP Ende- Sch….! Das war die letzte SP – das war`s – Leben Adios – ich werde jetzt mit Sicherheit durch meinen Fahrer des Nächtens in der Wildnis ausgesetzt werden….! Lost in Feuerland – ich werde mit zahlreichen anderen Beifahrern lange und einsam durch die Wildnis irren….
Glück gehabt, ich darf im Auto bleiben und darf mit zurück nach Monte Carlo mitfahren. Wir erreichen wohlbehalten das Ziel – mit einigen Roadbook-Fehlern und einigem Zittern ob des richtigen Weges erreichen wir den Park Fermé – große Erleichterung plus extrem schlechtes Gewissen – für einen Beifahrer sind derartige Vorkommnisse der absolute Albtraum! Wir werden von unseren anderen Team Kollegen empfangen – unsere gesamte Service Crew ist auch da: Prosecco – Champagner = Picknick im Park Fermé – die Rallye feiert! Wir speisen am Heckspoiler des Porsche 911 der Teamkollegen feinsten Schinken, Salami & Käse, wir sind gut angekommen, wir haben nichts kaputt gemacht- das Auto hat, trotz mehrfacher Weh-Wehchen bis ins Ziel gehalten!
Es war ein wirklich tolles Erlebnis und Abenteuer – gerne hätten wir ein besseres Ergebnis erzielt – immerhin wurden wir das beste österreichische Team (Platz 74) – auch das beste Team von uns 3en. Dennoch: viel dazu gelernt, einige Fehler in der Vorbereitung gemacht, trotzdem: heilfroh gut im Ziel angekommen zu sein!
Danke Gerhard, Danke für ALLES! Es hat mir einen Riesenspaß gemacht, auch wenn es einige Momente gegeben hat, wo ich zwischen Fußmatte und Bodenblech zu finden war.
Peter Pech / 2.2015
Zur „Illustration“ der Differenzen, die das Team Pegam/Pech eingesammelt hatte, soll die folgende Tabelle dienen:
Zur „Illustration“ der Differenzen, die das Team Pegam/Pech eingesammelt hatte, soll die folgende Tabelle dienen:
Ein Punkt entspricht einer Abweichung von 1/10 Sekunde – gemessen wurde an mehreren Stellen innerhalb einer SP. Die drei Erstplatzierten hatten 4.404 – 4.528 – 5.048 Punkte auf ihren Konten.
Aber auch andere Teams hatten so ihre Sorgen während der Veranstaltung, trotz umfangreicher Vorbereitung und Betreuung. Das oben erwähnte Team Michael Stoschek/Kurt Schimitzek erreichte den für sie enttäuschenden 80. Platz – am Einsatz kann es nicht gelegen sein.