Lancianews darf stolz darauf sein, dass wir seit einigen Jahren authentisch über die weltbekannteste Gleichmäßigkeitsrallye berichten zu können. Nein, wir sponsern keine Teilnehmer, nehme auch selbst nicht teil, kennen aber nette Irre, die sich dieses Vergnügen geben, und uns dann Berichte aus erster Hand zur Verfügung stellen.
Kurt Schimitzek, der Veranstalter der Winterrallye Steiermark, fährt seit vielen Jahren mit verschiedenen Fahrzeugen gleichmäßig an die Cote d’Azur, Peter Pech saß 2015 in einem Porsche 924 turbo und berichtete hautnah von seinem Ausflug – siehe Rubrik „Drivers Journal“. Kurt Schimitzek fährt seit drei Jahren mit einer „leicht“ verbesserten Fulvia 1,3 S, 2015 war er ausnahmsweise als Beifahrer in einem Porsche 911 S unterwegs gewesen. 2014 nach Führung in den ersten Prüfungen kurz auf einem Brückengeländer geparkt, aber schließlich den 14. Gesamtplatz erreicht. 2016 nach Bremsdefekt mit Platz 31 nicht ganz das angestrebte Ergebnis erzielt. Aber dafür 2017!
Nun zuerst die „technischen“ Randbedingungen zum Bewerb: Von den Startorten Reims, Glasgow, Kopenhagen, Bad Homburg, Barcelona und Lissabon ging es zum Sammelpunkt („Étape Concentration“) Monaco, dann nach Valence („Étape Classement“), dort zu einer Runde („Étape Commune“) um Valence, dann in einer weiteren „Étape Commune“ zurück nach Monaco. Einige Stunden nach dem Eintreffen in Monaco ging es zur Schlussetappe („Étape finale“) in einer Runde zurück nach Monaco. Beginn des Spaßes am 25. Jänner, Ziel am 2. Februar frühmorgens.
Neben der zeitgerechten Erreichung der Etappenorte waren 14 Gleichmäßigkeitsprüfungen mit in Summe 438,67 km mit 175 Messstellen, an welchen der vorgeschriebene Schnitt auf 1/10-Sekunden überprüft wurde, zu absolvieren. Die Länge dieser Prüfungen lag zwischen 15,78 km mit 9 Messungen bis zu 50,64 km mit 23 Messungen. Die Teilnehmer konnten prinzipiell zwischen drei Schnitten – langsam, mittel, schnell – wählen. Details zu diesen Vorgaben finden Sie auf der Homepage des Veranstalters: http://acm.mc/en/edition/rallye-monte-carlo-historique-2017-edition/
Für den interessierten Beobachter weit weg von den Orten des Geschehens wird vom Veranstalter auf seiner Homepage ein toller Service mit aktuellen Kommunikationsprotokollen („Le Quotidien“) und Live-Ergebnissen nach jeder Prüfung bis ins Ziel geboten. So kann man in der warmen Stube sitzend das „Wohlergehen“ der Teilnehmer verfolgen. Was man nicht sieht, sind die Straßenverhältnisse – 2016 war es meist staubtrocken, auch 2017 nur eher wenig Schnee – sodass die Ergebnisse nicht sofort eingeordnet werden können.
Hier nun der authentische Bericht von Kurt Schimitzek:
Nachdem meine beiden Beifahrer der letzten Jahre abgesagt hatten – Sebastian sollte mit seinem Vater fahren und Vitus mit seinem Brötchengeber – fiel die Wahl auf Rudi Schulz aus Wien, der bereits in den Jahren 2003 – 2005 (damals noch auf Mini Cooper S) mein Serviceauto souverän durch die Seealpen chauffierte.
Rudi hatte bisher überhaupt keine Erfahrungen als Beifahrer gemacht, war aber schon früher als Motorsport-Fotograf immer nahe der Oldtimer-Szene, und als Porschefahrer auch privat flott unterwegs.
Da er somit wenig Ahnung davon hatte, was ihn wirklich erwarten würde, starteten wir bereits am Montag vor der Rallye mit Servicefahrzeug und der Fulvia auf dem Anhänger in Richtung Monaco. In den vier bis zum Start in Reims verbleibenden Tagen sollten einige Wertungs-prüfungen gemeinsam mit dem Wettbewerbsauto (in Richtung Norden) abgefahren werden, um sich aufeinander einzustimmen, die verschiedenen Reifen zu kalibrieren und das Roadbook noch einmal zu überprüfen bzw. zu korrigieren.
Der bisher „unbedarfte“ Beifahrer durfte dabei den Umgang der verschiedenen Messgeräte üben und schon einmal laut und verständlich – so alle 150 – 250 Meter – vorlesen, welche der bereits zuvor im Roadbook notierten Messpunkte gerade zu passieren waren. Dazu kam auch noch ein wenig Navigation, denn auch die Abzweige sollten richtig getroffen werden – aber alles kein Problem – nach den vier Tagen war Rudi schon fast ein „Profi“ und wusste so ziemlich genau, wann er an welchem Gerät wo und wie viel zu drücken hatte.
Am Donnerstagabends kamen wir dann nach unserem Startort Reims, wo auch die Zwei-Mann Servicecrew schon angekommen war, und am Freitagvormittag ging es zur Abnahme bei der man bereits einige bekannte Gesichter begrüßen konnte.
Der Start am Freitag um ca. 20.30 Uhr und die Anfahrt nach Monte Carlo über ca. 1.000 km erfolgte ohne jegliche Probleme. Kurz vor Monaco gab es dann nachmittags die erste WP über ca. 16 km, die in flottem Tempo (Rudi schnappte erstmals kräftig nach Luft !!) auf Platz 30 beendet wurde. Am Ende der WP bekam der Beifahrer dann erst einmal einen Pastis im nächsten Bistro eingeflößt – uns schon ging es ihm wieder besser!
Am nächsten Tag ging es wieder zurück Richtung Norden nach Valence. Vier Wertungsprüfungen standen auf dem Programm und schon auf der Anfahrt konnte man sehen, dass es auch in diesem Jahr wieder eine „trockene“ Monte sein würde. Lediglich die WP 3 und WP 5 hatten ein bisschen Schnee auf den schattigen Nordseiten. Zu punkten gab es kaum etwas, denn ohne Eis und Schnee fahren fast alle Teilnehmer gut und konstant. Die von uns gewünschten Schneefahrbahnen blieben während der gesamten Rallye leider die Ausnahme.
So versuchten wir einigermaßen zurecht zu kommen und hatten keine Ausreißer – weder nach unten, noch nach oben. Durch unsere konstanten Platzierungen im vorderen Bereich kamen wir so immer weiter im Klassement nach vorne und lagen nach neun WP am Montagabend auf Rang 12 in der Gesamtwertung.
Am Dienstag fuhren wir wieder zurück nach Monaco – wieder drei WP auf der Tagesetappe – und nach wieder nur „Asphalt“ – Strecken zeigten die Winterreifen langsam Ermüdungserscheinungen und wir rutschten in der Gesamtwertung auf Platz 16 zurück.
Zur Nacht der langen Messer wurde jetzt – nachdem unser Eisspion eine trockene Strecke vorhergesagt hatte – natürlich auf Sommerreifen umgerüstet. Das Auto wurde jetzt komplett ausgeräumt und nur 15 Liter mit Oktan-Booster getankt, um unnötiges Gewicht auf den beiden letzten WP zu sparen. Die Fulvia dankte diese Aktion mit einer völlig neuen Performance und damit ging es ab ca. 23.00 Uhr für uns in die Seealpen – WP13 – Loda über ca. 27 km und WP14 – Col de Turini über ca. 32 km. Da wir diese beiden WP in der Vorwoche schon trainiert hatten, waren wir gut unterwegs und fuhren auf der WP13 sogar die fünftbeste Zeit aller Teilnehmer und in WP14 mit nur 10 Sekunden Abweichung auf die Sollzeiten in acht Messungen auch eine Zeit im Vorderfeld. Damit schafften wir noch einen Riesensprung nach vorne und beendeten die Rallye auf Platz 8 im Gesamtergebnis und auf Rang 2 in der Kategorie Baujahr 1966 – 1971.
Unsere Servicecrew empfing uns um ca. 3.00 Uhr früh nach der Zielrampe im Hafen von Monte Carlo schon mit einem Glas Schampus und Beifahrer Rudi freute sich besonders über seinen geglückten Einstand. Unsere anderen österreichischen Teilnehmer beglückwünschten uns natürlich auch noch ausgiebig und die Feier dauerte dann doch bis kurz vor Sonnenaufgang.
Übrigens, für 4.800,- € eingezahlt bis Ende November des Vorjahres sind Sie mit dabei, heuer waren es 338 Fahrzeuge, darunter fünf Österreicher mit Porsche 911, Volvo 122 S und Fulvia 1,3 S. Lancia war 2017 mit 35 Fahrzeugen (25 Fulvia Coupés aller Serien, 1 Stratos, 8 Beta Coupés, 1 Beta Montecarlo) gut vertreten. Platz zwei für Gianmaria Aghem/Diego Cumino auf einem 1,2 Coupé Baujahr 1965, Platz acht für Kurt Schimitzek/Rudolf Schulz auf 1,3 S Baujahr 1969. Die Sieger aus Belgien fuhren einen Opel Ascona 2000 (1.400 Punkte Abweichung), Aghem/Cumino hatten 1.510 Punkte, Schimitzek/Schulz 1.940 Punkte Abweichung zur vorgegebenen Idealzeit.
Bunte Bilder können Sie – allerdings ohne Österreicher, die werden „ignoriert“ – im Internet abrufen:
und
https://www.youtube.com/watch?v=Ed-42y3ej40
lancianews dankt wieder einmal Kurt Schimitzek für seinen Bericht aus der großen Rallyewelt – auch wenn es „nur“ eine Gleichmäßigkeitsrallye war, waren alle Teilnehmer ausreichend flott unterwegs – keine Spur von Urlaubsreise an die Cote d’Azur.
E. Marquart / 2.2017