Die langen, schnellen und gelben Schatten der Vergangenheit- es bleibt fast nichts unvergessen. Jugendliche Sportaktivitäten des Redakteurs im Zuge einer Fahrzeugrestaurierung entdeckt und zur Dokumentation herangezogen …
Im November 2009 hatte mich der Eigentümer der Lancia Fulvia TO E51664 via E-mail angesprochen und um Informationen über seine Fulvia gebeten, die 1971 mit Harry Källström, Sandro Munari und Sergio Barbasio drei Mal bei österreichischen Rallyes am Start gewesen war – siehe Bericht Drivers Journal „Hut ab“ vom Mai 2010.
Bereits im August 2008 wurde ich von einer freundlichen jungen Dame telefonisch angesprochen, ob ich der Ernst Marquart sei, der in den 1960er-Jahren mit Gert Scholz in Matras an Rallyes teilgenommen hätte. Ich bin es, also fragte ich, warum sie das wissen wolle. Antwort: Ihr Mann und sie hätten die beiden Matras vor einiger Zeit gekauft, seien an der Restaurierung und würden gerne etwas von Geschichte dieser Autos wissen. Diesen Wunsch konnte ich einigermaßen erfüllen, schickte Scans der alten Fotos und Kopien der Programme etc.
Große Freude und das Versprechen, wenn der Jet 6 fährt, melden wir uns und zeigen Ihnen den Wagen, in dem Sie damals gesessen sind! Wir hatten danach mehrmals E-mails ausgetauscht, bis Mitte November 2010 ein Anruf kam: Herr Marquart, der Jet fährt! Kein Name, nur die freudige Mitteilung, dass der Jet fährt. Es dauerte einige Zeit bis ich die Information zuordnen konnte, dann verstand ich die Freude. Nach mehrjähriger Arbeit war der Wagen fertig restauriert, alle Arbeiten erledigt – und der Wagen lief bei der ersten Ausfahrt 40 km anstandslos.
Also fuhr ich nach Niederösterreich und stand nach über 41 Jahren erstmals wieder vor dem Matra Jet 6, der zweite Wagen, ein Djet V S Baujahr 1967 bedarf noch einiger Arbeit und Fürsorge, bis er in dem Zustand des Jet 6 sein wird. Das Wiedersehen machte wirklich Freude, und das in zweifacher Form: einmal, weil der seltene Vogel (ganze 222 Stück wurden vom Jet 6 gefertigt) dastand wie bei der Auslieferung im Winter 1967/68 und zum zweiten, weil die jetzigen Eigentümer, jung, voll Tatendrang und Begeisterung ein Stück französisch/österreichischer Motorsportgeschichte zum Leben erweckt hatten.
Nicht nur die rein mechanische Arbeit mit mühsamer Teilebeschaffung in Frankreich sondern auch die Dokumentation der Restaurierung und des Umfeldes des Fahrzeugtyps (von den Original-Auslieferungsdaten von Matra, Prospekten, Testberichten und Presseartikeln) ist vollständig vorhanden.
Dann schlürften und trompeteten die beiden Weber-Doppelvergaser, die Schaltung klickte, der Auspuff röhrte wie bei einem 2 Liter (1300er Gordini-Motor). Bevor die wohlmeinende Nachbarschaft unruhig wurde, fuhren wir den Jet wieder in die Garage und hörten das Knistern beim Abkühlen. Das Wiedersehen hatte große Freude gemacht – Auto jung, Beifahrer nicht mehr ganz so jung, aber die Eigentümer haben ganze Arbeit geleistet. Gratulation!
Wenn Sie Näheres wissen wollen: matra-automobile-ig@gmx.at
E. Marquart / 12.2010
Zur Historie:
Gert Scholz setzte gemeinsam mit Otto Karger, mehrfacher Rallyestaatsmeister in den 1960er-Jahren auf Volvo, zwei Matra Jet 6 in den Jahren 1968 und 1969 bei österreichischen Rallyes ein. Der Wagen war ein Gran Tourismo Gruppe 3, Klasse bis 1.300 ccm, 1.300 ccm-Renault-Gordini-Motor mit Conrero-Tuning, 130 PS, Polyester-Karosserie mit 660 kg, Zentralrohrrahmen mit Einzelradaufhängung vorne und hinten, „Pescarolo“-Kotflügelverbreiterungen, Mittelmotor, Vierganggetriebe und Leichtmetallfelgen 13 Zoll.
Ich war bei mehreren Rallyes Beifahrer von Gert Scholz, wir erreichten einige Klassensiege, fielen aber auch wegen mechanischer Defekte aus, bis wir Mitte 1969 den Rallyesport aufgaben, der Wagen verkauft wurde und nach einigen bunten Jahren – 1971 mit Getriebehauptwellenbruch – in einer Halle verschwand, wo ihn die jetzigen Eigentümer entdeckten. Der damalige Besitzer wollte die beiden Matras selbst instandsetzen bzw. restaurieren, konnte dies aber krankheitshalber nicht realisieren.