Welche (Leichtmetall-) Felgen für Fulvia/Flavia?
Die Qual der Wahl – oder doch nicht?
Als ich im Jahr 1994 meine Fulvia 1,3 HF kaufte, war sie sehr „individuell“ bereift. Mille-Miglia-Felgen 6 x 13 Zoll mit 185/70 x 13 Reifen, welche beim festeren Beschleunigen und Bremsen laut hörbar in den Radkästen anstreiften. Das war kein Dauerzustand, also suchte ich besser passende Alternativen.
Die auf fast allen Fotos der Werkswagen zu sehende Campagnolo-Felgen gab es schon lange nicht mehr neu zu kaufen. Gebrauchte Magnesium-Felgen teuer zu kaufen ist eine mutige Entscheidung, denn ohne professionelle Prüfung (Durchleuchtung) geht man ein großes Risiko ein, Materialermüdung und möglicherweise nicht sichtbare Risse können zu gefährlichen Situationen führen.
Also entschloss ich mich serienmäßigen Stahlfelgen 4 ½ x 14-Zoll überholen und im typischen Elfenbein-Gelb lackieren zu lassen – der Ersatzteilkatalog schweigt sich über die Felgenfarben aus. Welche Reifendimension? 145 x 14 gab es nicht mehr (nur noch ein antikes Exemplar als Ersatzrad aufbehalten), also 165/70 x 14 Reifen montiert, der Abrollumfang war mit 1.800 mm fast identisch.
So fuhr ich 20 Jahre mit den puristisch schmalen Rädern, schaute mit begehrlichen Augen, ob es vielleicht nicht doch irgendwo Campagnolo-Felgen zu kaufen gäbe. Dann entdeckte ich bei Omicron in England 5 ½ x 13 Aluminium-Nachbaufelgen um den stolzen Preis von 400,- £ plus Steuer und Versandspesen (pro Rad!).
http://www.omicron.uk.com/parts/fulvia/
Vielleicht doch etwas zu viel.
Da tauchten plötzlich im Herbst 2015 vier gut gebrauchte originale 5 ½ x 13 Campagnolo Felgen beim Räumen eines Lagerraums auf, ich begann zu betteln, wie viel, sind sie in Ordnung, soll ich mich trauen? Der Handel lief schließlich ganz korrekt ab: die Felgenklinik Kottnik nahe Wien – www.felgenklinik.at – überprüfte im ersten und restaurierte im zweiten Schritt die Felgen um einen vertretbaren Preis, der deutlich unter dem Preis der Replika-Felgen aus England lag. Nun folgte die Frage, welche Reifendimension und welche Reifenmarke soll ich nehmen? Die Erfahrung mit den 185ern zu Beginn ließ mich zu der Dimension 175/70 x 13 greifen, bei der allerdings der Abrollumfang mit 1.755 mm deutlich kleiner ist (2,5%). Jetzt kann ich beruhigt nach der Tachoanzeige unterwegs sein, denn die Istwerte liegen deutlich unter der Anzeige! Bei der Reifenmarke konnte ich glücklicherweise zwischen mehreren renommierten Marken wählen, montierte schließlich Yokohama „Blue Earth“, mit denen das Lenkverhalten kaum von dem mit den schmäleren 14 Zoll Reifen abweicht.
Warum diese langatmige Erzählung? Hätte er doch Leichtmetallfelgen anderer Hersteller genommen, das wäre einfacher, schneller und wahrscheinlich auch sicherer gewesen, ist ein berechtigter Einwand. Leider bin ich nun durch den Rallyesport verbildet und wollte just die in den Homologierungsblättern angeführten Leichtmetallräder. Und dort sind für die 1,3 HF im Blatt Nr. 3024 Gruppe Gran Tourismo vom 20.01.1967 angeführt:
- Ruote: 51 Peso unitario delle route senza pneumatico – 6,6 kg
- Ruote: 53 Diametro del cerchione – 14”
- Ruote: 54 Larghezza del cerchione – 4,5 “
Für die Gruppe “Gran Tourismo Speziale” waren homologiert
Ruote 53/54:
- cechio lego leggera 5,5 x 13” – 4,1 kg – Campagnolo
- cechio lego leggera 5,5 x 14” – 4,8 kg – Campagnolo
- cechio lego leggera 6 x 13” – 3,75 kg – Cromodora – erst ab 1970
- cechio lego leggera 6 x 13” – 4,25 kg – Campagnolo
- cechio lego leggera 5 x 13” – 3,85 kg – Campagnolo.
Machen wir einen “Ausflug” zur 1,6 HF: Blatt Nr. 3006 Gruppe Gran Tourismo
- Ruote: 50 Tipo disco fenestrato in lega leggera
- Ruote: 51 Peso unitario delle route senza pneumatico – 4,2 kg
- Ruote: 53 Diametro del cerchione – 13”
- Ruote: 54 Larghezza del cerchione – 6“
Homologierte Ergänzungen:
- Ruote 53-54 Cerchio in lega leggera 6,0” x 13” – Peso 3,75 kg – Cromodora
Für die Gruppe “Gran Tourismo Speziale” waren homologiert
Ruote 53/54:
- cechio lego leggera 5,5 x 13” – 4,1 kg – Campagnolo
- cechio lego leggera 5,5 x 14” – 4,8 kg – Campagnolo
- cechio lego leggera 5 x 13” – 3,85 kg – Campagnolo
- cechio lego leggera 6 x 13” – 3,75 kg – Cromodora
- cerchio acciato 4,5” x 14” – 6,6 kg – 1a serie Stahl.
Nicht gefunden habe ich den Nachtrag für die 7 x 13” Magnesium-Campagnolo-Felgen („Stellone“), mit denen ab Monte Carlo 1972 gefahren wurde.
Eine komplette Aufstellung aller „passenden“ Felgen für die Fulvias der drei Serien hat Piero Vanzetti auf seiner Homepage http://www.alma.it/vanzettip/fulvia/fulviae.html zusammengestellt.
Mit welchen Rädern fuhren die Werks-Fulvias die Bewerbe zwischen 1965 und 1974? Im Zuge der Bildrecherchen zu meinen Büchern konnte ich Fotos von einem hohen Prozent der Werkseinsätze zusammentragen und kann daher die verwendeten Felgen in diesem Zeitraum mit etwas Unschärfe in der jeweiligen Übergangszeit anführen.
- HF: 1966 Bei Rallyes Stahlfelgen, bei Rennen Campagnolo FSZ/HF. 1967 ab der Rallye Monte Carlo Campagnolo
- 1,3 HF 1967 ab Beginn Campagnolo
- 1,6 HF 1970 ab Beginn Campagnolo, Safari 1970 Cromodora, Herbst 1970 gemischt
- 1971 ab Beginn gemischt, Munari und Källström oft noch Campagnolo (Bei der Anreise zur Rallye Monte Carlo 1971 fuhr Munari Stahlfelgen)
- 1972 Campagnolo Stellone + Campagnolo FSZ/HF, Hinterachse oft Cromodora
- 1973 nur noch Cromodora
- 1974 Cromodora, 24 Stunden Chamonix Campagnolo.
Etwas „leichter“ war es mit der Flavia, denn dort gab es fast nichts als Alternative zu den Standard-Stahlfelgen. Für das Coupé 1,8 l (815.330) gab es laut Homologierungsblatt 5043 des Jahres 1965 nur die 15“ Felgen der Breite 4,5“ mit dem Gewicht von 8,5 kg.
Für die Flavia Sport (815.532) findet man im Homologierungsblatt 1303 aus dem Jahr 1963 dieselbe Dimension 15 x 4,5“ (Dimension 165 x 15) und als Alternative 14 x 5,5“, allerdings keine Angabe ob Stahl- oder Leichtmetallräder.
Bei der Rückfrage bei Herrn Dr. Kaufmann vom LCD bekam ich Hinweise auf die Sekundärliteratur:
- Sergio Puttini, Lancia Fulvia Flavia, Flaminia, 1989, Milano: Seite 153 “a richiesta 5Kx15” tipo Borrani R1-330”
- Wim H.J. Oude Weernink, The Lancia Fulvia and Flavia, 1984, London: Seite 135: “optional 5K-15 light alloy Borrani wheels”
Herzlichen Dank an Herrn Dr. Kaufmann.
Die Fotos der vom Werk eingesetzten Fahrzeuge zeigen fast durchgängig Stahlfelgen, auch die Prototypen fuhren 1964 mit breiteren Stahlfelgen. Es gibt nur ganz wenige Bilddokumente, die Flavias mit Leichtmetallfelgen zeigen, meistens bei Rundstreckenrennen, ausnahmsweise auch bei Asphalt-Rallyes in Frankreich.
E. Marquart / 5.2016
Kompetenter Nachtrag von Hermann Schindler zur traditionellen Felgen-Farbe von Lancia:
Avorio Ruote Codice Lechler W2203n.Formula 8063
Herzlichen Dank.