Mit dem Status als Rallye-Europameisterschaftslauf der FIA rückte die Internationale Österreichische Alpenfahrt in Gesichtsfeld von Lancia. Ab 1968 beschickte Lancia den Bewerb in wechselnder Mannschaftsstärke, aber mehr als zweite Plätze waren nicht zu erreichen
Als letzten Beitrag zum Thema Alpenfahrt blicken wir wie angekündigt auf die Versuche des Reparto Corse Lancia (HF Squadra Corse), bei der Internationalen Österreichischen Alpenfahrt zwischen 1968 und 1972 Erfolge für Europa- und Markenmeisterschaft zu erringen, zurück. Zum Teil haben wir bereits im Zusammenhang mit dem Archiv des Technischen Museums und einer Ausfahrt österreichischer Lanciafreunde im Jahr 2003 darüber berichtet.
Die Literatur darüber war bisher eher dürftig, die Informationen sind aus zeitgenössischen Magazinberichten („autorevue“ aus Österreich, AutoMotorSport und dem verblichenen „powerslide“ aus der Schweiz) sowie Ausschreibungen, Programmen und Ergebnislisten zusammengetragen. Seit Juni 2005 ist die Situation deutlich besser, weil Martin Pfundner mit der aktuellen Neuerscheinung viele Lücken schließen konnte. Die Fotos sind mit der Ausnahme von A. Rottensteiners Bild aus dem Archiv des Technischen Museums Wien (Sammlung A. Fenzlau und E. Jelinek).
1968 (39. Internationale Österreichische Alpenfahrt Mai 1968, Start und Ziel Semmering):
1.1914 km in zwei Etappen mit 11 Sonderprüfungen.
Lancia trat erstmals mit zwei Fulvia 1,3HF mit Mikkola/Järvi (TO 970376) und Paganelli/Manucci (TO 970375) in der Klasse GT bis 1300 cm an. Gegen den neuen Ford Escort TwinCam von Söderström/Palm konnte Mikkola trotz einmaligem Einsatz nicht gewinnen, zu groß war der Leistungsvorsprung des Escort gegenüber dem 1,3 HF. Mikkola/Järvi errreichten den 2. Platz im Gesamtklassement, Paganelli/Manucci wurden Fünfte.
1969 (40. Internationale Österreichische Alpenfahrt Mai 1969, Start und Ziel Semmering):
2.072 km in zwei Etappen (1775 und 297 km) mit 13 Sonderprüfungen.
Nur ein Lancia am Start: Källström/Haggbom auf Fulvia 1,3HF (TO A65743) – als Tourenwagen Gruppe 2 bis 1300 ccm. Hannu Mikkola war bereits auf Ford Escort unterwegs und dominierte den Bewerb nach Belieben, wieder war die Fulvia ohne echte Chance, Källström/Haggbom wurden Zweite vor drei Werks-Saab V4 (Orrenius, Lampinen und Jönsson).
1970 (41. Internationale Österreichische Alpenfahrt Mai 1970, Start und Ziel in Mönichkirchen):
2.251 km in zwei Etappen (1.455 und 796 km) mit 12 Sonderprüfungen.
Endlich war die 1,6HF homologiert: Källstrom/Haggbom (TO B79056) und Lampinen/Davenport (TO B51447) waren in der Klasse GT bis 1600 ccm am Start. Lampinen schied aus, Källström erreichte den 9. Platz im Gesamtklassement. Gesamtsieger Waldegaard/Nyström auf Porsche 911S.
1971 (42. Internationale Österreichische Alpenfahrt Mai 1971, Start und Ziel in Baden bei Wien):
2.415 km ein zwei Etappen mit 18 Sonderprüfungen.
Das Jahr des Ove Andersson auf Renault Alpine. Auf dem Weg nach Griechenland gewann der Schwede nach Monte Carlo und San Remo auch die Alpenfahrt. Lancia hatte mit Källstrom/Haggbom nur eine Fulvia 1,6HF (TO E51664) genannt, die bereits am ersten Fahrtag mit Motorschaden ausschied.
1972 (43. Internationale Österreichische Alpenfahrt September 1972, Start und Ziel in Baden bei Wien):
2.463 km in drei Etappen (1.140, 754 und 569 km) mit 17 Sonderprüfungen.
Nach den Siegen von Munari/Manucci bei der Monte Carlo, von Lampinen/Andreasson bei der Marocco-Rallye sowie dem zweiten Platz von Lampinen/Reinike bei der Akropolis sah Lancia eine reele Chance auf die Markenweltmeisterschaft und schickte drei Fulvia 1,6HF für die Gruppe 4 GT bs 1600 ccm: # 5 Lampinen/Andreasson (TO B51443), # 2 Källström/Haggbom (TO G36419) und # 8 Barbasio/Sodano (TO G36418). Diese Alpenfahrt wurde zum Waterloo für die HF Squadra Corse Lancia, als Lampinen 100 km vor dem Ziel mit zwei Minuten in Führung liegend als letzter der drei Fulvias ausschied, weil die Mechaniker schon die Rückreise nach Baden bei Wien angetreten hatten. Sieger wurden Lindberg/Eisendle auf Fiat 124 Sport Spider.
Lancia kam nur noch einmal nach Österreich: zur Martha-Goldpokal-Rallye 1973 mit zwei 1,6HF (Ballestrieri/Maiga und Pregliasco/Garzoglio), Platz 1 und Platz 2. Das war es dann, schon die letzte Alpenfahrt 1973 wurde nicht mehr offiziell beschickt, nach der ersten Ölkrise 1973 änderte sich die Rallye-Landschaft in Österreich komplett, böser formuliert: Österreich verschwand aus dem intenationalen Rallyekalender. Erst mit Privateinsätzen von Wittmann und Dirtl auf Delta Integrale kam ein Hauch von Lancia-Rallyekompetenz nach Österreich zurück.
Mitte September 2005 findet in Bad Kleinkirchheim in Kärnten die vierte Alpenfahrt Classic Rallye statt, die sich bemüht den Mythos der früheren Alpenfahrt wieder aufleben zu lassen. Zum Teil werden die Straßen aus der „heroischen“ Zeit befahren, allerdings ganz „gleichmäßig“. Es gibt sogar eine eigene Wertung für Teilnehmer an früheren Alpenfahrten. Nachzulesen unter www.alpenfahrt.com .
Zum Abschluss sei nochmals auf die beiden Bücher von Martin Pfundner verwiesen: „Vom Semmering zum Grand Prix“ und „Die Alpenfahrt 1910 -1973“, wo detailliert u.a. über die Alpenfahrt berichtet wird.
E. Marquart /8.2005