Buchbesprechung „Lancia in Britain“
Der größte Lancia-Club darf sich seiner Geschichte bewusst werden. Die Verbindungen und Bedeutung des Clubs, des britischen Marktes für Lancia – customer relationship und Vergessen des bedeutenden Marktes nach 1969 …
Eine außergewöhnliche Lancia Publikation ist aus England zu vermelden, und zwar eine mit spezifisch britischer Neigung: Der Anspruch des Herausgebers liegt darin, die hundertjährige Geschichte Lancias auf der britischen Insel aufzubereiten.Aus mitteleuropäischer Perspektive könnte man jetzt leicht versucht sein, das Buch als reines Nischenprodukt einzuordnen. Nach dem Motto: „Das Thema wäre außerhalb GB kaum nachvollziehbar, das Schicksal der Marke und befassten Personen kaum komprimiert darstellbar. Da es auch keinerlei Zahlen über Verkauf und Typen gibt, bleibt es ein Insider-Buch“.
Hier einige starke Gründe, warum das Buch in keiner gut sortierten Lancia-Bibliothek fehlen sollte:
- Herausgeber ist der Lancia Motor Club, vermutlich der einzig internationale Lancia Club. Dieser größte aller Lancia-Clus hat Mitglieder aus allen Kontinenten der Welt und schafft es, einen breiten internationalen Austausch von Lancisti zu etablieren und diesen auch aufrecht zu erhalten. Daraus ergibt sich, dass es nicht nur um „Lancia in Britain“ geht, wie der Titel vermuten lässt. Vielmehr sind alle Themen des Buches stellvertretend für die Ereignisse der Lancia-Geschichte. Vermutlich könnte es ein Lancia Club in Italien kaum leisten, die im Buch behandelten Themen länderübergreifend zu vernetzen, wenn man die dort auf Italien zentrierte Sichtweise bedenkt.
- Die Themen des Buches schlagen einen weiten Bogen: eine kurze und gut aufbereitete Darstellung zur Bedeutung des Exports für Lancia, um den Start und in weiterer Folge das Überleben des Unternehmens Lancia zu sichern. Das Buch beginnt also mit dem Modell Alpha von ca. 1908. Weiter geht es bis zum Ende der 1930er Jahre, als Lord March den ersten Lancia Club gründete (Vorfahre jenes Lord March, welcher heute für Goodwood Festivals verantwortlich ist). March hat für die Lancia Augusta hübsche Tourer Aufbauten hergestellt, die heute in Kennerkreisen äußerst gesucht sind.
- Natürlich wird das Buch vor allem Enthusiasten für die Vorkriegsmodelle ansprechen. Das Modell Lambda war ein Exportschlager und wurde in England ausgezeichnet rezipiert. Typisch englische Specials wurden auch nach dem 2. Weltkrieg noch für Clubrennen eingesetzt, wofür oftmals der Radstand deutlich verkürzt wurde und auch so manch andere Modifikation angebracht wurde. Leser des Buches werden zum Beispiel von der Geschichte Julian Janes und dem Janes Special fasziniert sein (der Wagen befindet sich heute noch im Besitz eines Clubmitglieds).
- Auch die Aprilia-Zeit wird im Portrait von Harry Manning lebendig; und zwar die Rezeption der Aprilia als Gebrauchswagen, der bis in die 1960er durch die Fahreigenschaften beeindruckte. Harry Manning hielt sie am Laufen und kann heute als „spiritueller Vater“ vieler Restaurationen von Lancia-Fahrzeugen durch Clubmitglieder in den letzten 30 Jahren gesehen werden. Diese Geschichte mag auf den ersten Blick als eine schrullige Episode gelesen werden, doch so viele Fulvias, Aurelias und Aprilias wurde nach der Philosophie von Harry Manning restauriert. Und zwar weltweit.
- Das Buch behandelt natürlich auch die jüngere Geschichte, die Positionierung in exklusiven Nischen in den 60ern und die Rostexzesse der 1970er. Die Clubgeschichte als Lancia Motor Club weist mehr als 60 Jahre auf – außergewöhnliche Momente inbegriffen.
Kompliment vor allem an Jack Romano, welcher die Recherchen zu dem Buch über Jahre hinweg leitete und die Ergebnisse zu einem beeindruckenden Werk zusammen fügte.
Erhältlich über: http://www.lanciamotorclub.co.uk/
Club Secretary – Barabra Longlands – secretary@lanciamc.co.uk
J.E. Wöss / 5.2014