Lancia-Nostalgie zum Anfassen
Bei der Beschäftigung mit historisch wertvollen Automobilen spielen viele Faktoren mit unterschiedlicher Gewichtung mit. Die unterschiedlichen Zugänge zu diesem Thema sind bereits ausreichend in Literatur und Zeitschriften beschrieben, brauchen hier nicht noch einmal aufgewärmt werden.
Aber bei fast allen Zugängen stellen Personen, welche zur Zeit der Entstehung und der täglichen Verwendung der Fahrzeuge an vorderer Front aktiv waren, maßgebende Bindeglieder zur aktuellen Beschäftigung dar. Wenn man Konstrukteure, Designer, Entwicklungsleute oder auch Motorsportler befragen oder „anfassen“ kann, hat man das Gefühl der Authentizität und der Bestätigung der eigenen „Verrücktheit“.
In England (Goodwood) und Italien (Rally Legend) werden diese Authentizitätszeremonien seit Jahren zelebriert. In Österreich hat Helmut Zwickl leicht verfremdet – es ist ziemlich gleichgültig mit welchem historischen Auto welche historische Motorsportgröße bei der Ennstal Classic unterwegs ist – diese Präsentationen erfolgreich etabliert. Andere Veranstaltungen schmücken sich mehr oder weniger historisch fundiert mit bunten Zusammenführungen von Fahrzeugen und Prominenten. Ausnahme war die 1000 Minuten Klassik, als sie im Jahre 2000 Sandro Munari auf Helmut Neverlas Fulvia 1,6 HF an den Start lockte. Munari hatte 1971 die Rallye der 1000 Minuten auf Fulvia 1,6 HF gewonnen. Ex-Markenkollege Rauno Aaltonen nahm mehrere Jahre an der 1000 Minuten Klassik teil, war allerdings beim „Original“ nie am Start gewesen.
Ähnliches gelang Peter Urbanek – http://www.autofreunde.com/ – bei seiner Q19 Höhenstraßen Classic im April 2011, als Raffaele Pinto als Gast mit seinem ehemaligen Beifahrer Arnoldo Bernacchini an den Start ging. Nicht auf Lancia (mit dieser Marke war er nie in Österreich gewesen) aber Fiat (mit dem 124 Spider war er 1972 Europameister geworden) 500 Abarth. Raffaele Pinto war fünf Mal in Österreich an den Start gegangen und hatte 1972 die Semperit Rallye und die Rallye der 1000 Minuten gewonnen. Die Pressekonferenz im Einkaufszentrum Q19 im 19. Wiener Bezirk war eine „nette“ Plauderei, bei der dank ausgezeichneter Übersetzung viele Aspekte des Motorsports der „guten alten Zeit“ in lockerer Atmosphäre besprochen wurden. Die Antwort auf die Frage nach der aktuellen Beziehung zu historischen Fahrzeugen brachte die gesamte Runde zum Schmunzeln: Nein, er hätte nichts mehr mit alten Autos zu tun (er ist nun mehr auf dem Meer zu Hause), hätte jedoch heute gerne all die Autos, die man ihm damals als Bezahlung oder Werbung überlassen hätte. Da wäre er heute ein reicher Mann!
Ein erfolgreicher Motorsportler der 1970er-Jahre, in keinster Weise nostalgisch, sehr erfreut, dass man sich in Österreich seiner Erfolge noch erinnert und ihm samt Frau einen Aufenthalt in Wien ermöglichte, wie er in seiner aktiven Zeit nicht möglich gewesen war. Etwas nostalgisch für manche Zuseher wegen des Wissens wie Pinto damals die Autos fliegen ließ.
Lancia-Nachsatz: Arnoldo Bernacchini war einer der Profi-Beifahrer bei der HF Squadra Corse von 1969 an, fuhr mit Sandro Munari und Amilcare Ballestrieri, 1973 ging er mit Pinto zu Fiat und kehrte mit ihm zu Lancia zurück (Stratos 1975 bis 1977).
E. Marquart / 5.2011
Vom Veranstalter haben wir einige Fotos von der Veranstaltung erhalten, von denen wir die passenden zur „Pinto-Nostalgie“ ausgewählt haben.
„Neuland“ für Fahrer und Beifahrer, fachkundige Erklärung in Italienisch
Autogramme auf alle möglichen „Unterlagen“
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