.
So hatte es John F. Kennedy am 26. Juni 1963 in Berlin sicher nicht gesagt. Er hat auch nicht gemeint, dass er eine Limousine sei. Die italienische Sprache nennt Limousinen (mit Stufenheck) „la berlina“, was im deutschen Sprachraum eher zu Verwirrung führen kann, denn eine Flaminia Berlina ist keine Flaminia aus und für Berlin, sondern die viertürige Limousine der Baureihe Flaminia aus den 1960er-Jahren.
Das Wortspiel Berlin und la Berlina hat mich zu diesem Artikel angeregt, denn die nach außen so unterschiedlichen „Welten“ von Limousinen und Coupés bei Lancia prägen seit Beginn der Lambda-Baureihe Charakter und Erscheinungsbild der Lancia-Modellreihen. Wenn Sie das kleine Buch „Tutte le Lancia 1907 – 1993“ aus dem Verlag Editoriale Domus aus dem Jahr 1993 zur Hand nehmen, können Sie dort die Geschichte der Berlinas genau verfolgen.
Wenn man nun einen (oder auch mehrere) historisch wertvollen Lancia sein Eigen nennt, dann kann man möglicherweise Präferenzen für Limousinen oder Coupés erkennen, worüber man trefflich diskutieren kann. Welches Modell ist „mehr“ oder „echterer“ Lancia – die Berlina oder die Derivate? Die Tradition des Hauses Lancia war es, zuerst die Berlina einer Baureihe auf den Markt zu bringen und die Derivate, die mehrheitlich außer Haus gestaltet und gefertigt wurden, nach angemessener Pause nachzureichen. Jetzt bin ich persönlich ein „Limousinen-Mensch“, was durch meine motorsportliche Vergangenheit bedingt ist. In den 1960er-Jahren waren die Preise der Coupés deutlich höher als die der Limousinen, die auch noch dazu mehr praktischen Nutzen durch mehr Platz und vier Türen brachten. Die Leute, die mit Sport Coupés fuhren, die in die Kategorie Gran Tourismo eingestuft wurden, waren die reicheren, denen man damals nachsagte, „dass mit voller Hose leicht stinken sei“. Ich fuhr damals Volvo 122S und PV544, ein Fulvia Coupé war ein Traumauto außerhalb meines (finanziellen) Horizonts. Auch der zweimalige österreichische Staatsmeister im Wertungssport Tourenwagen bis 1.150 cm, Walter Radler, fuhr 1962 und 1963 eine Appia Berlina S3, sein Papa ein Flavia Coupé.
Produktion:
1. und 2. Serie – 233C/233L Autotelaio – 1931 – 1933
3. Serie Berlina 4 – 6 posti
4. Serie Autotelaio und Berlina 1937 – 1939 – 3.080 Exemplare
Aber diese „Unterschiede“ sollen nicht Inhalt dieses Artikels sein, obwohl Lancia bei der Homologierungspolitik auch nach Bedarf trickste, als Cesare Fiorio 1962/63 das Flaminia Coupé Pininfarina, 1963/64 die Flavias Coupé und Zagato sowie zu Beginn auch das Fulvia Coupé als Tourenwagen eintragen ließ. Beim Stratos war das aber nicht mehr möglich – und notwendig.
Produktion:
231 Berlina/Berlina L – 234 – 1933 – 1937 – 17.214 Exemplare
Ich blättere nun das oben zitierte Buch durch, von hinten (1984) nach vorne (1926), weil uns die Modelle der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vertrauter und besser einordenbar sind. Nach der Gamma Berlina 1980 bis 1984 gab es keine Berlinas mehr, allein beim Thema gab es noch 1984 bis 1988 eine 2,8 V6 Limousine. Leider nennt „Tutte le Lancia“ nur technische Spezifikationen, Bauzeit und damalige Verkaufspreise in Lire, aber keine Produktionszahlen. Diese kann man sich mühsam aus der Literatur, wie z.B. W. Oude Weernink, Enzo Altorio (für die Fulvia) und Paul Schinhofen (für die Modelle ab 1965) heraussuchen. Daher sind die folgenden Stückzahlangaben eher mit Vorsicht zu genießen.
Produktion:
1. Serie Berlina 238/238 Lusso – 239 – 1936 – 1939
2. Serien Berlina 438 – 439/439S – 1939 – 1949 – 27.836 Exemplare
Produktion Ardea:
1. und 2. Serie 250 Berlina – 350 Tassi Roma – 1939 – 1946
3. und 4. Serie 250 Berlina – 1945 – 1953 – 22.730 Exemplare
In Summe waren es in dem skizzierten Zeitraum 740.500 „Berliner“, 1983 hatte West-Berlin laut Brockhaus ungefähr 1,9 Millionen Einwohner, wie viele davon eine Berlina von Lancia fuhren, lässt sich ohne tiefergehende Recherche wohl nicht mehr seriös feststellen. Wie viele Berlinas 2019 europaweit noch unterwegs sind, allerdings auch nicht.
Produktion:
Berlina B10/B10S – 50/B51 – 1950 – 1952
Berlina B22/B22S – B52/B53 – 1951 – 1953
Berlina B21/B21S – B15/B15S
Berlina B12/B12S – B55/B55S – B56/B56S – 1954 – 1955 – 14.547 Exemplare
Die Karosserien der Berlinas wurden großteils im Hause Lancia selbst entworfen, wobei der Einfluss bzw. die Mitarbeit der befreundeten Partner wie Pininfarina – z.B. bei der Flaminia und beim Gamma – deutlich zu erkennen sind. Manche Gestaltungen wie die Flavia Berlina S1 und Fulvia Berlina sind hausgemacht und haben auch eine Menge Kritik für die Designabteilung gebracht. Nigel Trow wundert sich in seinem Buch „The Illustrated Lancia” aus dem Jahr 2000, dass die Flavia Berlina („incredibly ugly“) und das Fulvia Coupé („a timeless car like the B20, the Alfa Giulietta or the 911 Porsche”) aus einer „Feder“, nämlich von Pietro Castagnero, kommen.
Produktion:
1. Serie Berlina C10/C10S – 1953 – 1955
2. Serie Berlina C10/C10S – 1953 – 1955
3. Serie Berlina – 88.771 Exemplare
Erscheint „man“ mit einer Berlina bei einem Treffen, Oldtimerbewerb, so wird der Wagen anders betrachtet als die bekannten Coupés (die Convertibiles bleiben ja meistens zu Hause), die Ausstattung und die technischen Details (z.B. die Türen ohne Mittelpfosten, Heckscheibenwischer bei der Flaminia Berlina oder die Gardinen bei den 2000er-Berlinas) werden von den Zuschauern mit Interesse betrachtet. Und das Reisen ist deutlich bequemer und kaum langsamer als mit den teilweise auffälligeren Coupés. Suum cuique.
Produktion:
1. Serie Berlina 2.5 – 2.5 Saxomat/USA – Presidenziale – 1957 – 1961
2. Serie Berlina 2.5 – 2.5 Speciale – 1961 – 1963
Berlina 2.8 – 1961 – 1963 – 12.641 Exemplare
Das Bildmaterial ist aus folgenden Büchern entnommen:
• Tutte le Lancia 1907 – 1993, 1993, Editoriale Domus, ISBN 88-7212-104-3
• Paul Schinhofen, Lancia Innovation und Faszination, 2006, HEEL Verlag, ISBN 978-3-89880-649-7
• Wim Oude Weernink, La Lancia, 3. Auflage, 2006, Simon Stevin, ISBN 978-9-080649-62-0.
Produktion:
Berlina 1.5 – 1.5SA – 1969 – 1963
Berlina 1.5 – 1963 – 1966
Berlina 1.8 – 1.8SA – 1.8i – 1963 – 1966
Berlina 1.5 – 1967 – 1970
2. Serie 1.8 – 1.8LX/1.8i – 1.8iLX – 1967 – 1970
2. Serie 2.0 – 2.0LX/2.0i – 2.0iLX – 1970 – 1971
2000 – 2000LX/2000i – 2000iLX – 1970 – 1971 – 102.732 Exemplare
Sollten wir auf den CD von Lucas Geheniau und in weiteren Büchern (z.B. Bruce Lindsay und Nigel Trow) wiedergebbares Prospektmaterial finden, werden dieses bei Bedarf (= Wunsch unserer Leser) auch in einem Artikel zusammenstellen.
Produktion:
Berlina – 1963 – 1964
Berlina 2C – 1964 – 1969
Berlina GT/GTE/Grecia – 1967 – 1969
2. Serie Berlina/Grecia – 1969 – 1972 – 192.097 Exemplare
Produktion:
1. Serie Berlina 1.4 – 1.6 – 1.9 – 1972 – 1975
Berlina 1.3 – 1974 – 1975
2. Serie Berlina 1.3 – 1.6 – 2.0 – 1975 – 1979
Trevi 1.6 – 2.0ie – VX – 1983 – 1984
3. Serie Berlina 1.6 – 2.0
Trevi 1.6 – 2.0 – 2.0ie – 2.0 VX – 232.251 Exemplare
Produktion:
Berlina 2.0 – 2.5 – 1976 – 1980
2. Serie 2.0 – 2,5 – 2.5ie – 1980 – 1984 – 15.287 Exemplare
E. Marquart / 3.2019