Vor einigen Jahren berichtete ich in „Das Ende einer langen Suche“ von einem 2000 Coupé und der darauffolgenden Instandsetzung in lancianews.
Das 2000 Coupé hat nach regelmäßiger Nutzung, Fahrten nach Deutschland, Belgien, Italien, Tschechien, lokalen Rundfahrten und Veranstaltungen mittlerweile einen neuen glücklichen Besitzer gefunden. 15 Jahre durfte ich das Coupé mit seinen vielen Vorzügen genießen, wenn mich die „Diva“ auch manchmal stehenließ.
Ganz ohne 2 Liter geht’s doch nicht, so ging die Suche nach fast 2 Jahren Flavia Abstinenz aufs Neue los. Dieses Mal nach einer Berlina, am besten aus Norditalien.
Auf „subito.it“ tauchen immer wieder interessante 2000er Berlinas auf. Die guten sind jedoch meist schnell „weg“. Nach längerem Suchen und Korrespondieren standen zwei Besichtigungstermine nahe Bergamo an. Nach mehrmaligem Verschieben gelang es ein paar Tage freizuschaufeln für eine Norditalienrunde mit Oldtimerprogramm.
Das Schöne am Suchen sind nicht nur die Fahrzeuge, sondern das Drumherum. Man kommt in Orte, wo man sonst nicht hinfahren würde, trifft auf Verkäufer, einen Menschenschlag, den man nicht alltäglich auf der Straße begegnen würde, die Geschichten hinter den Fahrzeugen sind speziell.
Als erstes fand der traditionelle Stopp in Palmanova im Friaul statt. Ursprünglich als Festungsstadt der Republik Venedig zum Schutz vor den Türken im 16. Jahrhundert angelegt, mit dem sternförmigen Grundriss einer Festung sowie Kasernenanlage, ist es immer wieder ein Genuss rund um den überdimensionierten Hauptplatz, ausgestattet mit einem der größten Fahnenmasten in Norditalien, zu spazieren.
Im August gibt es jedes Jahr ein Fest, das an die Ereignisse von 1615 erinnert, wo venezianische Truppen gegen Österreich im Krieg der Uskoken eingesetzt wurden. Später ging es gegen unsere Habsburger, die das benachbarte Friaul und Gorizia (siehe RFM 2025) beherrschten. 2017 wurde Palmanova in das UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen.
Zweite Station war Schio nördlich von Vicenza. Der erster Besichtigungstermin stand an. Typisch italienisch wurde eine Adresse angegeben, die nicht direkt beim Fahrzeug war. Der Besitzer kam verspätetet und führte uns zu einem nahegelegenen leerstehenden herabgekommenen Mehrparteienhaus der 1950ern mit ehemaliger Schmiede im Erdgeschoss. Ja – die Mutter wohnt noch im Gebäude!
Die Berlina war nach hohen Erwartungen gar nicht der Beschreibung entsprechend. Es lohnt sich immer wieder einen „vor-Ort-Termin“ wahrzunehmen. Es klang zu schön, Erstbesitz, vollständig, eine der ersten im Originalzustand, sehr gut erhalten… Die Berlina wurde regelmäßig genutzt, eventuell ein wenig zu regelmäßig.
Es gab nichts mehr was nicht abgenutzt war. Vollständig, in sehr schöner Farbkombination, einzig als Ersatzteilträger noch verwendbar. Der Motor lief unter viel Gas geben ohne Auspuff, was überraschend war. Der Besitzer war ein starker Raucher, was im Teppich zu sehen und im Fahrgastraum zu riechen war. Vorder- und Rücksitze durchgesessen, was auf den natürlichen Einsatzbereich einer Familienlimousine schließen lässt. Sollten Sie Interesse haben wir können gerne den Kontakt zum Verkäufer herstellen.
Nach dieser enttäuschenden Besichtigung, sie sollte der Höhepunkt unserer Reise sein, ging‘s zurück Richtung Autostrada. Leider hatten wir keine Zeit Schio zu besichtigen. Wäre sicher sehr Erkundens wert aufgrund der einst florierenden Wollverarbeitung und Schuhindustrie mit vielen bestehenden historischen Industriegebäuden. Am Straßenrand kann man vereinzelt den Niedergang dieser so stolzen Industrie sehen. Einige Lost Places würden sich anbieten zu besuchen. Vielleicht das nächste Mal. Weiter gings nahe Bergamo- Chiari.
Dort erwarteten uns zwei Fahrzeuge. Eine Flavia LX und eine 2000er Berlina. Beide angeblich in gutem Zustand. Pünktlich eingetroffen im Herzen der Stadt. in einem Wohngebiet kam der Bruder des Besitzers aus einem das Ende der 1960er-Jahre erbauten Reihenhäuser. Bezeichnend ein typischer Lancisti. Herzliche Begrüßung und kurzer Rundgang. Elegant, freundlich, zuvorkommend, die richtige Gesprächsebene war gegeben.
Der LX erwartete uns in überraschend gutem Zustand. Keine gröberen sichtbaren Mängel. Gut nachlackiert, Innenraum mit schwarzem Leder überarbeitet, viel original, guter Motorlauf. Ein interessanter Wagen, dieses Modell war nie auf meiner Liste, unterschätzt wie viele.
Die dunkelblaue 2000 Berlina war leider nicht so gut wie erwartet, außerhalb der Garage abgestellt. Ein schwer einzuschätzendes Fahrzeug. Versteckter Rost, ausgebleichter Lack, der sich unter einer Abdeckplane zu verfärben begonnen hat, gute Rücksitzbank, jedoch Vordersitze renovierungsbedürftig. Sehr schöne Farbkombination. Stoff gut erhalten, was sehr selten ist. Am Motor wurde viel gemacht, nur der Rost ist könnte ein Problem werden. Preislich zu hoch angesetzt, aber verhandelbar.

Nach gutem Gespräch, interessanter Geschichte zu beiden Lancias, Lancia Familiengeschichten, ging es weiter nach Bergamo.
Nein, wir sind nicht zum Championsleague-Spiel von Atalante gegen Slavia Prag hier, aber wir fuhren am nächsten Tag am schönen Stadion vorbei zum nächsten Termin, einem Thema i.e. bei einem Händler etwas außerhalb. Die Tankstellen, angemerkt, sind heute tagsüber auch gut besuchte Spielcasinos.
Der Thema ist vielleicht noch weiter außerhalb des Lancia-Fokus geraten als die 2000er Limousine. Für mich ein Rätsel, die Lancia Tradition wird mit dem Thema am besten von allen Modellen nach der Fiat-Übernahme fortgeführt. Die Vorzüge und die fantastische Qualität braucht man hier nicht aufzuführen. Ein fantastisches Auto in jeder Hinsicht.
Unser ausgewählter Thema ist bei einem Händler Garage „2000 sas“ in 24020 Gorle. Er ist in ausgezeichnetem Zustand für 5.000,- Euro zu haben, mehr braucht man nicht sagen.
Zum Abschluss gings dann zu einem weiteren Händler. Auf dem Rückweg zu „Silvauto S.p.a,“ in Grumello del Monte, um uns ein paar weitere Fahrzeuge verschiedener Hersteller anzusehen.
Die meisten Fahrzeuge waren leider am Weg nach Bologna zur Auto d’Epoca. Die Ardea und der 2000er leider ebenso. Im Showroom gab es zur Überraschung einen schönen Y10 und einen Gamma sowie einen Integrale in Martini Livre zu sehen. In der Werkstatt ein perfekter Beta HPE zum Servicieren im Kundenauftrag.
Ein junger engagierter Verkäufer erkannte, dass er bei uns nicht sofort zum Abschluss kommt, so ging‘s kurz darauf auf Empfehlung zu einer Pizzeria um die Ecke im Industriegebäude. Ausgezeichnete Küche, sehr guter Service und ebenso toller Hauswein. Just for Locals eben.
Der starker LKW-Verkehr bis Padua wurde dann noch zur Herausforderung. Die restliche Rückreise stand im Zeichen von Sightseeing, Barbesuchen und obligatorischem Stopps mit Zeitschriftenkauf. Gut in Wien angekommen träumt man schon wieder von der nächsten Fahrt in den Süden und vielleicht kommt noch einmal ein Bericht zu „Zur langen Suche 4 Punkt 0“ .

G. Wöss /11.2025













