Reif für die Insel(n)?

Reif für die Insel(n)?

7 Mrz, 2021

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Beim leicht manierierten Suchen nach vielleicht bisher noch nicht dargestellten Aspekten der Lancia-Sportgeschichte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam mir die Idee nach weiteren geografischen Einsatzplätzen zu suchen, wo sich die Fahrzeuge des Reparto Corse Lancia herumgetrieben hatten. Im Jänner 2021 waren wir auf dem Col de Turini in Frankreich, im Februar 2021 in den Dolomiten rund um San Martino di Castrozza – wohin jetzt? Im westlichen Mittelmeer befinden sich u.a. vier Inseln, auf zwei davon logierte Napoleon einige Zeit, doch diese Geschichten will ich nicht erzählen.

Sizilien, Elba, Sardinien und Korsika – auf diesen Inseln wurde (und wird) Motorsport betrieben. Mit unterschiedlichen Schwerpunkten und abnehmender Intensität. Fortschritt, Umweltbewusstsein und sinkende Bedeutung des Sports lassen heute fast nur noch nostalgische Rückblicke und touristische Veranstaltungen zu.

Reise durchs westliche Mittelmeer

  • In Sizilien wurden seit den frühen 1920er-Jahren Rennen gefahren, die Targa Florio war bis 1973 Lauf zur Rennsportwagenweltmeisterschaft – lancianews hat unter dem Titel „Italienische Heldensagen“ im Frühjahr 2012 über die Erfolge von Lancia auf dieser Insel berichtet. Ab 1972 gab es die „Rally di Sicilia“ als Lauf zur italienischen Rallye-Meisterschaft.
  • Elba: die erste Veranstaltung „Rallye dell‘ Isola d’Elba“ fand 1968 statt – Sieger Arnaldo Cavallari/Dante Salvay auf Fulvia HF – schnell wurde die Rallye italienischer Meisterschaftslauf, dann Europameisterschaftslauf mit entsprechender internationaler Besetzung
  • Die Rallye della Sardegna blieb von 1957 bis 1968 eine inneritalienische Veranstaltung, auch wenn Gäste aus Frankreich und Österreich auf Besuch kamen. Erst in den 2010er-Jahren, als sich kein Veranstalter auf dem italienischen Festland für einen WM-Lauf fand, wanderte die Rallye d’Italia nach Sardinien aus.
  • In Korsika fand 1956 die erste „Tour de Corse automobile“ statt, die bis in die 2010er-Jahre auf dem Kalender zur französischen und schließlich Rallye-Weltmeisterschaft stand – mit Pausen wegen international nicht anerkannten Reglements. Lancia bemühte sich dort jährlich mit großem Einsatz, aber erst zur Stratos-Zeit gab es regelmäßig(er) Erfolge.

Lancia war von Beginn an „Reif für die Inseln“, sowohl Privatfahrer als auch Werkswagen starteten bei den Bewerben, mit unterschiedlichen Erfolgen, aber meist hartnäckig. In diesem und den folgenden drei Beiträgen werde ich von folgenden Rallyes berichten:

  • Rallye Internazionale di Sicila 1972 – 1978 (http://www.targapedia.com/targa-rally/1970s) und https://www.targaflorio.info/index2.htm
  • Rallye dell‘ Isola d’Elba 1968 – 1979: Andrea Ulivelli/Mauro Parra, Rallye dell’Isola d’Elba 1968 – 1993, 2003, GPM s.r.l., Portoferraio
  • Rallye di Sardegna 1957 – 1968: Alfano Nello, Il Rallye della Sardegna   1957 – 1968, 2012, Serra Editore, ISBN 978-889054523-8
  • Tour de Corse Automobile 1963 – 1979: Maurice Louche, Le Tour de Corse Automobile 1956 – 1986, 1989, Alleins, ISBN 2-9500738-2-4.

Neben dieser genannten Literatur sollte man auf die zeitgenössischen italienischen Zeitschriften zurückgreifen, da diese aktuelle Details zu den Veranstaltungen brachten, z.B. die Ergebnisse der Sonderprüfungen, für die in der Sekundärliteratur kein Platz ist. Zwei Internetsites haben diese Zeitschriften gescannt und stellen sie online zur Verfügung:

Weiters finden Sie im Internet bei forum-auto https://forum-auto.caradisiac.com/ und RALLYMANIA https://rallymania.forumfree.it/ umfangreiche Beiträge über diese Veranstaltungen, allerdings sind oftmals die Fotos aus copyright-Gründen entfernt worden.

Reif für die Insel Sizilien

Wir beginnen im Süden von Italien, der „Sprung“ vom kalabrische Festland auf die Insel Sizilien ist nicht sehr groß, auf den 25.426 qkm gibt es ausreichend viele Straßen, auf denen Motorsport betrieben wurde.

 

Rallye internazionale di Sicila

Die italienische Rallyemeisterschaft umfasste im beschriebenen Zeitraum zwischen sechs und elf Läufe von Udine im Norden bis Cefalu in Sizilien, Sizilien schien 1972 erstmals im März als erster Lauf im Kalender auf. 1972 war das zweite Jahr, in welchem Sergio Barbasio nach dem Gewinn 1971 von Lancia auf den italienischen Meistertitel angesetzt worden war. 1973 sollte dann Amilcare Ballestrieri diese Trophäe erringen.

Wetter und Straßen waren im März keine reine Freude, im Hinterland von Cefalu gab es genug „schlechte“ Sandstraßen, was man an der meist hohen Ausfallsquote erkennen kann.

1. Rallye internazionale di Sicilia
4. – 5. März 1972 – 1.090 km in zwei Etappen mit 20 Sonderprüfungen über 92 km.
58 Starter, 19 im Ziel klassiert.13 Fulvia 1,6 HF am Start, sieben im Ziel.

Datum # Fahrer/Beifahrer Erg. Auto
4. Mrz.

1

Munari/Mannucci

1

TO E51659

3

Barbasio/Sodano

TO B99805

5

Ballestrieri/Bernacchini

TO B51445

Rallye di Sicilia 1972 – Ballestrieri/Bernacchini – ausgeritten

Rallye di Sicilia 1972 – Barbasio/Sodano – ausgeritten

Rallye di Sicilia 1972 – Munari/Mannucci – souverän

Die SP-Ergebnisse waren: sechs Bestzeiten Munari/Mannucci, drei Ballestrieri/Bernacchini, eine Barbasio/Sodano. Die Monte-Carlo Sieger zeigte keine Schwächen, Barbasio ritt bereits in der zweiten, Ballestrieri nach der 16. Sonderprüfung aus.

 

2. Rallye internazionale di Sicilia
23. – 25. März 1973 – 1.377 km in zwei Etappen mit 36 Sonderprüfungen über 240 km. 53 Starter, 18 im Ziel klassiert.
8 Fulvia 1,6 HF, 5 1,3 HF am Start, sechs im Ziel.

Datum

#

Fahrer/Beifahrer

Erg.

Auto
23. Mrz.

1

Munari/Mannucci

1

TO H23322

3

Ballestrieri/Maiga

2

TO G75937

12

Pregliasco/Garzoglio

TO G75936

Rallye di Sicilia 1973 – Ballestrieri/Maiga – auf Meisterschaftskurs

Rallye di Sicilia 1973 – Munari/Mannucci – souveräne Sieger

Rallye di Sicilia 1973 – Pregliasco/Garzoglio – ausgeschieden

Die SP-Ergebnisse waren: elf Bestzeiten Munari/Mannucci, acht Ballestrieri/Maiga, keine Pregliasco/Garzoglio. Munari/Mannucci hielten sich Ballestrieri/Maiga und die FIAT-Meute deutlich vom Leib. Pregliasco/Garzoglio schieden nach der 13. Sonderprüfung auf Platz drei liegend aus.

 

 

 

3. Rallye internazionale di Sicilia
29. – 30. März 1974 – 1.312 km in zwei Etappen mit 22 Sonderprüfungen über 171,3 km. 78 Starter, 51 im Ziel klassiert.
2 Stratos, 2 Beta Coupé, 11 Fulvia 1,6 HF, 3 1,3 HF, 1 Fulvia Sport am Start, neun im Ziel.

Datum

#

Fahrer/Beifahrer

Erg.

Auto

29. Mrz.

1

Andruet/“Biche“

A6 14058

Stratos

3

Ballestrieri/Maiga

1

A6 14113

Stratos

7

Pregliasco/Garzoglio

Beta Coupé

14

Carello/Roasenda

30

MI 87788

Beta Coupé

Rallye di Sicilia 1974 – Ballestrieri/Maiga – auf Stratos – 1. Sieg

Rallye di Sicilia 1974- Pregliasco/Garzoglio – die neue Zeit ist da

Rallye di Sicilia 1974 – Carello/Roasenda – privates Beta Coupé

Die SP-Ergebnisse waren: drei Bestzeiten Andruet/Biche, 17 Ballestrieri/Maiga. Die Fulvia-Zeit war zu Ende gegangen (Munari war im April noch bei der Safari Rally unterwegs), der Stratos auf dem Weg aus den Kinderschuhen. Adruet/Biche waren bei den ersten drei Sonderprüfungen die Schnellsten, schieden da aus, sodass Ballestrieri/Maiga den ersten Stratos-Sieg erringen konnten. Auch der „Versuchsballon“ Beta Coupé war mit Pregliasco/Garzoglio schieden aus, aber Tony Carello übte mit einem privat vorbereiteten Beta Coupé.

 

4. Rallye internazionale di Sicilia
28. – 29. März 1975 – 1.479 km in zwei Etappen mit 19 Sonderprüfungen über 157,3 km. 70 Starter, 35 im Ziel klassiert.
3 Stratos, 6 Beta Coupé, 1 Fulvia 1,6 HF, 7 1,3 HF am Start, sechs im Ziel.

Datum

#

Fahrer/Beifahrer

Erg.

Auto

29. Mrz.

2

Pinto/Bernacchini

1

TO L80931 Stratos

4

Pregliasco/Sodano

2

TO L91608 Beta Coupé

16

Carello/Roasenda

TO K95086 Beta Coupé

14

Pelganta/Garzoglio

DNS

 NO 289965 Stratos

Rallye di Sicilia 1975 – Pinto/Bernacchini – Sieger

Rallye di Sicilia 1975 – Pregliasco/Sodano – Platz 2 auf dem Beta Coupé Gr 4

Die SP-Ergebnisse waren: acht Bestzeiten Pinto/Bernacchini, eine Pregliasco/Sodano. Noch war die Beta-Versuchszeit nicht vorbei, Pregliasco/Sodano wurden hinter dem überlegenen Stratos von Pinto/Bernacchini Zweite. Die weiteren Beta-Einsätze konnten jedoch an einer Hand abgezählt werden, der Stratos war zuverlässig geworden.

 

5. Rallye internazionale di Sicilia
27. – 28. März 1976 – 1.451 km in zwei Etappen mit 18 Sonderprüfungen. 88 Starter, 56 im Ziel klassiert.
5 Stratos, 1 Beta Coupé, 11 Fulvia 1,3 HF am Start, neun im Ziel.

Datum

#

Fahrer/Beifahrer

Erg.

Auto

27. Mrz.

1

Pregliasco/Sodano

1

TO L65176 Stratos
 7 „Tony“/Mannini

TV 336832 Stratos

Rallye di Sicilia 1976 – Pregliasco/Sodano – Sieger

 

Rallye di Sicilia 1976 – „Tony“/Mannini

Die SP-Ergebnisse waren: 11 Bestzeiten Pregliasco/Sodano. Es war allerding der einzige Sieg von Pregliasco 1976 in der italienischen Meisterschaft, die schließlich „Tony“ Fassina auf Stratos gewann.

 

6. Rallye internazionale di Sicilia
25. – 27. März 1977 – 920 km in zwei Etappen mit 22 Sonderprüfungen über 247 km. 96 Starter, 54 im Ziel klassiert.
6 Stratos, 1 Beta Coupé, 4 Fulvia 1,6 HF, 3 1,3 HF am Start, neun im Ziel.

Datum

#

Fahrer/Beifahrer

Erg.

Auto

25. Mrz.

1

Darniche/Mahé

1

TO N14328 Stratos
3 Carello/Lurani

MI X96194 Stratos
11 Vudafieri/De Antoni

4

PD 432869 Stratos

Rallye di Sicilia 1977 – Darniche/Mahé aus Frankreich auf dem Weg zur Europameisterschaft

Rallye di Sicilia 1977 – Vudafieri/De Antonio – Platz 4

 

Die SP-Ergebnisse waren: 12 Bestzeiten Darniche/Mahé. Bernard Darniche sollte Europameister werden, gewann in Sizilien, Elba, die 4 Regioni sowie weitere Rallyes in ganz Europa, während Mauro Pregliasco fleißig Punkte in Italien sammelte, um schließlich mit Vittorio Reisoli italienischer Meister auf Stratos Gruppe 4 zu werden.

 

7. Rallye internazionale di Sicilia
23. – 25. März 1978 – Diese Rallye wurde zusätzlich mit dem Namen „62. Targa Floria“ bezeichnet.
1.000 km in zwei Etappen mit 23 Sonderprüfungen. 105 Starter, 62 im Ziel klassiert.
5 Stratos, 3 Fulvia 1,6 HF, 1 1,3HF am Start, fünf im Ziel.

Datum

#

Fahrer/Beifahrer

Erg.

Auto

23. Mrz.

2

Carello/Perissinot

1

TO L64137 Stratos
Vudafieri/De Antoni

2

TO L44100 Stratos

Rallye di Sicilia 1978 – Carello/Perissinot – Sieger

Rallye di Sicilia 1978 – Vudafieri/De Antonio – Platz 2

 

 

Die SP-Ergebnisse waren: 16 Bestzeiten Carello/Perissinot. Adartico Vudafieri kämpfte die komplette Saison mit Toni Carello, beide Stratos Gruppe 4: 4 Siege gegen 3 von Carello sowie zwei zweite Plätze brachten den Gewinn der italienischen Meisterschaft.

Die Ergebnisse der Jahre nach 1978 können Sie in der Literatur finden: Fiat, Ferrari, 037 und Delta. Die oben angeführten Internet-Sites zeigen detailliert die Daten der einzelnen Veranstaltungen, die Faksimiles der zeitgenössischen Zeitschriften wie „AutoSprint“ brachten umfangreiche Reportagen mit den Sonderprüfungsergebnissen.

Das Bildmaterial ist aus Literatur, Zeitschriften und dem Internet zusammengetragen, wenn bekannt, habe ich die Bildquellen auf den Bildern belassen oder in der Legende ergänzt. Bei Thomas Poppers Stratos-Büchern sowie bei Antonio Biasioli, „Lancia Stratos 40 anni di successi“, Editrice Elzeviro, Padova, können sie die kompletten Stratos-Einsätze nachverfolgen.

Im nächsten Beitrag „springen“ wir auf eine viel kleinere Insel westlich des „Stiefels“: wir setzen von Livorno oder Piombino über auf die Insel Elba nach Porto Ferraio.

 

 

E. Marquart / 2.2021

3 Kommentare

  1. Braghieri Gianfe /

    Please Ernst, it need a check: Stratos Marlboro n.3 1974 I think it is not at Rally Sicilia but Alpi Orientali

    • Ernst Marquart /

      Dear gianfe, sorry. Sicily in 1974 first win Ballestrieri’s with the Stratos. Look at the registration number – Prova A614116 – A616043 in Udine.
      Regards
      Ernst

      • Unfortunatly I have not been able to visit this site until now. In my msg of 3 april I was referring to the foto of Ballestrieri-Rally di Sicilia 1974: I think it’a pic about rally delle Alpi Orientali 1974.
        Maybe I’m wrong but it seems to me there are other photos of Rally Alpi Orientali taken in the same place.
        I’ll check it out soon because my memory is running out of steam.
        See you soon Ernst, goor night.

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