Sammlung „Hervé“ in Aigle/Schweiz

Sammlung „Hervé“ in Aigle/Schweiz

16 Okt, 2016

 

Sébastien Simon hat im September 2016 in seinem Artikel über die Reise der Lambdas von Fobello nach Norden (u.a. zum Treffen des LCS in Aarberg) über einen Besuch in einem privaten Museum in Aigle berichtet. Da wir in der Redaktion von lancianews eine gewisse Beziehung zur französischen Marke Voisin haben – siehe Drivers Journal September 2015 – wollen wir hier auf diese Sammlung etwas ausführlicher hinweisen.

Fondation Herve - Ausstellung im Pantheon in Basel 2015

Fondation Herve – Ausstellung im Pantheon in Basel 2015

Zuerst ein Zitat aus der Schweizer Zeitschrift «Swiss Classics» aus dem Jahre 2015 anlässlich der Ausstellung der Sammlung « Hervé » im Pantheon in Basel:

Er war ein Auto-Enthusiast erster Güte, der Compte Jacques de Wurstemberger, geboren im Jahr 1917. Im Alter von 20 Jahren machte er seinen Führerschein, sein erstes Auto war ein MG TA. Um das Jahr 1947 herum bestritt er sein erstes Autorennen und wählte dafür das Pseudonym „Hervé“. Und wie kam er darauf? Er wählte einfach zwei Buchstaben aus seinem Namen „R“ und „W“ und verband sie mit wohlklingender französischsprachiger Phonetik. Um konkurrenzfähig zu sein, kaufte er sich den Rennwagen, der schon dem Engländer Norman Black einige Erfolge gesichert hatten. Es handelte sich um einen MG K3, sozusagen ein damaliges Evolutionsmodell der braven MG Roadsters, ausgerüstet mit allen Attributen der Vorkriegszeit, die einen Wagen schnell machten, also Kompressortechnik, Wilson-Vorwählgetriebe und riesige Trommelbremsen. Dieser Wagen ist typisch für Hervé, verkörpert er doch das technisch Machbare und die Feinheiten der Ingenieurdisziplin.“

http://www.swissclassics.com/de/artikel/Die-spektakulaeren-Fahrzeuge-des-Grafen-de-Wurstemberger-alias-Herve-im-Pantheon.html

 

Coupe des Alpes 1961 : Jacques de Wurstemberger/Arthur Heuberger – Aston Martin DB1

Coupe des Alpes 1961 : Jacques de Wurstemberger/Arthur Heuberger – Aston Martin DB1

Neben seiner besonderen Leidenschaft für englische Roadster (vor allem der Marken MG und AC) hat „Hervé“ eine beachtliche Sammlung von Fahrzeugen der französischen Marke „Avions Voisin“ zusammengetragen.

Voisin ist primär als Flugpionier in die Geschichte eingegangen: er hat 1908 den famosen Flugapparat für Henri Farman gebaut, mit dem dieser den ersten Flug über eine Meile absolviert hat; entgegen dem Apparat der Brüder Wright ist dieser auch unter eigener Kraft gestartet ist. Voisin hat in sich in weiterer Folge zu einem der größten Flugzeugbauer im ersten Weltkrieg aufgeschwungen. In den anschließenden Friedenszeiten lenkte er seine industriellen Kapazitäten in den Automobilbau, wo er mit seinen außergewöhnlichen Konstruktionen für Aufsehen sorgte.

http://www.aigle-tourisme.ch/de/kultur/musee_voitures_anciennes_de

 

Fondation Herve in Aigle

Fondation Herve in Aigle

Die Sammlung Hervé zeigt sechs Voisin-Fahrzeuge, wobei diese auch alle Voisin-Karosserien aufweisen (viele Hersteller der Zeit lieferten lediglich „nackte“ Chassis aus). Voisin hatte seine eigenen Ideen zum Bau von Karosserien, die im Wesentlichen aus dem Flugzeugbau stammten. Konsequenter Leichtbau (seine erste sportliche Karosserie wiegte nur 20 kg), pfiffige Ideen (Klappfenster, wie man sie später auch beim 2CV sieht), skurrile Lösungen, bis hin zum Verweigern der Gewährleistung, falls Kunden Aufbauten von auswärtigen Carossiers mit „exzessivem“ Gewicht bestellten.

Bedeutung und Einfluss auf das weitere französische Automobildesign kann nicht überschätzt werden. Ein junger Mitarbeiter von Voisin, André Lefebvre, hat hier seine ersten Ideen formatiert und in weitere Folge die berühmten Citroens konstruiert: Traction Avant, 2CV, DS. Viele der Lösungen bei diesen Fahrzeugen sind eindeutig auf Voisin zurückzuführen.

Die Sammlung Hervé zeigt u.a. folgende Fahrzeuge:

  • Modell C11 „Lumineuse“: in sich ist dieser Aufbau ein avantgardistisches Gesamtkonzept, weshalb auch der Architekt Le Corbusier und Künstler Man Ray ein solches Fahrzeug fuhren. Der präsentierte Wagen ist weitgehend unrestauriert und sehr authentisch.
  • Modell C25 „Aérodyne“: die Stromlinie von Voisin Mitte der 30er; es fehlen nur noch die Flügel. Der präsentierte Wagen wurde nach dem zweiten Weltkrieg in Österreich vom Oldtimerpionier Henry Goldhahn wiederentdeckt, fand in weitere Folge über Amerika in die Schweiz zu de Wurstemberger. Der Wagen hat eine exemplarische Restaurierung nach einem konservatorischen Ansatz, wofür der Wagen jüngst auch beim Concours d’Elegance Villa d’Este mit dem Preis der FIVA ausgezeichnet wurde.

Dass es nicht nur englische Roadster und französische Haute-Couture waren, die Hervé interessierten, wird mit den drei im Museum vertretenen Lancia unterstrichen. Die weiße Lambda mit dem Werks-Torpedo-Aufbau fuhr Hervé schon in den 70er und 80er Jahren zu Oldtimerveranstaltungen quer durch Europa, unter anderem bis nach Griechenland.

Einer der jüngsten Neuzugänge im Museum ist ein Dilambda mit dem wunderbaren Aufbau der Carrozzeria Touring nach dem Flying Star Entwurf.  Bekannt ist diese Linie von Touring auf Alfa Romeo 6C Chassis, aber sie passt auch auf das große Dilambda-Chassis. Weiters findet sich ein sehr sympathisches Augusta Convertibile in der Ausstellung.

Wer die Sammlung besichtigen möchte, sollte vorher mit Herrn René Rey in Kontakt treten, um einen Termin zu vereinbaren. Auf jeden Fall verdient das Museum das Prädikat: besonders wertvoll.

1610hw_05

http://www.fondation-herve.org

 

 

 

 

 

"Voisin C25 Aérodyne" aus der Sammlung Hervé; am Steuer René Rey, der Kurator der Sammlung. Foto von Jörg Sierks; aufgenommen bei der diesjährigen "Rallye de Marques 2016" in Frankreich.

„Voisin C25 Aérodyne“ aus der Sammlung Hervé; am Steuer René Rey, der Kurator der Sammlung. Foto von Jörg Sierks; aufgenommen bei der diesjährigen „Rallye de Marques 2016“ in Frankreich.

Lancianews-Redaktion / 10.2016

Einen Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Sicherheitsfrage *

Download mp3