Ciao Mario Mannucci!

Mario Mannucci: (Foto targapedia.com)

Mario Mannucci: (Foto targapedia.com)

Mario Mannucci

Heute, am zweiten Weihnachtsfeiertag 2011, habe ich die traurige Nachricht erhalten, dass Mario Mannucci, langjähriger Beifahrer von Sandro Munari von uns gegangen ist. Immer wenn der Name Mannucci fällt, erinnere ich mich an viele Ereignisse  die ich mit ihm gemeinsam erlebt hatte und die meine Rallyelaufbahn indirekt beeinflusst haben.

Kennen gelernt haben wir einander im Herbst 1970 anlässlich der 1000 Minuten Rallye. Der Fahrer von Mannucci, Sergio Barbasio, musste aus beruflichen Gründen die Rallye absagen und da es um die italienische Meisterschaft ging, musste schnell ein Ersatz her. Der war zwar schnell mit Simo Lampinen gefunden, aber der war noch unterwegs von Portugal nach Turin. Und so wurde ich zum Trainingspartner von Mario Mannucci.

Wir trafen einander am Sonntag im Parkhotel Hübner in Wien, wo wir beide feststellen mussten, dass wir beide keine Sprache sprachen, die der andere verstand. Mario konnte kein Englisch – geschweige denn Deutsch – und ich kein Italienisch. Das konnte ja lustig werden, dachte ich mir und so ging es einmal mit einem Muletto (einer ausgediente Rallye-Fulvia) Richtung Mauthausen in Oberösterreich, wo wir mit der Erstellung des Streckenschriebs begannen. Vom Start beim Donauturm in Wien bis Mauthausen schrieben andere Mitglieder der HF Squadra Corse das Roadbook. Um das ganze besser zu erklären, will ich dazu folgendes sagen  – damals (und auch noch einige Jahre später) gab es keine Roadbooks der Veranstalter so wie heute üblich – jedes Team musste sich seine Aufzeichnungen selber machen, was natürlich bei ausländischen Teilnehmern zu einigen Schwierigkeiten führte und vor allem einen großen Zeitaufwand bedeutete.

Thomas Popper   Thomas Popper

Zu Mario Mannucci muss ich noch folgendes sagen – er war ein fein gekleideter Italiener, später, als wir uns näher kennen lernten, wusste ich auch warum: Mannucci besaß in Mailand ein Hotel (zu dem noch später) und ein Fünfsternrestaurant, trotzdem hatte er einige eigenartige Vorlieben für das österreichische Essen.

Am ersten Trainingstag waren wir ziemlich fleißig und trainierten bis in die angehende Nacht. Dann suchten wir uns ein schönes Quartier in Windischgarsten in Oberösterreich und Marios Speisefolge haute mich leicht aus den Socken. Vorspeise Gulaschsuppe – Hauptspeise Forelle – Nachspeise Gulasch ??? Es hat ihm aber sichtlich geschmeckt, denn diese Menüwahl hat sich in den nächsten Tagen wiederholt.

Unsere Verständigung beruhte aus einer Mischung von Englisch/Französisch und Deutsch und natürlich der Zeichensprache. Was schwierig klingt, war aber im Großen und Ganzen ohne große Probleme. Am dritten Trainingstag war es für Mario am schwierigsten, es war total nebelig und die Straße war nicht mehr zu sehen, so musste Mario vor der Fulvia hergehen und den Weg suchen. Um dem Ganzen noch eines draufzugeben, landeten wir im nirgendwo, und unser Nachtquartier befand über einem Schweinestall, mit kostenlosem Saustallgeruch. Trotz der schwierigen Trainingsbedingungen hatten wir gute Arbeit geleistet, denn Lampinen/Mannucci gewannen die 1000 Minuten Rallye 1970 (böse Zungen behaupten das Lampinen alle Sonderprüfungen auf Sicht gefahren sei).

Das war der Beginn einer langjährigen Freundschaft und immer wieder sahen wir einander in Österreich, Italien, Portugal oder gar in England. Jedes Mal, wenn wir einander sahen, gab es eine sehr herzliche Begrüßung und ich wurde von der HF Squadra Corsa immer mit der gesamten Mannschaft zum Essen eingeladen. Man muss wissen, da ja der Chauffeur von Mannucci ja niemand Geringerer als Sandro Munari war, war bei jeder Rallye außerhalb Italiens ein eigener Koch dabei, um auch im Ausland Heimatkost zu servieren.

Mario Mannucci: Molto, molto difficile - Rallye San Remo 1975

Mario Mannucci: Molto, molto difficile – Rallye San Remo 1975

Aber auch mir ist es einmal gelungen Mario zu überraschen. Franz Wittmann fuhr 1975 in Portugal auf BMW 2002 und ich durfte Franz betreuen. Da ich wusste, dass Lancia ebenfalls in Portugal mit Stratos am Start war, habe ich Mannucci einen Topf österreichisches Gulasch mitgebracht, den uns der italienische Koch aufwärmte und von allen mit großem Genuss verzehrt wurde. Einen weiteren Vorteil brachte mir in Portugal die Bekanntschaft mit Mario. In der letzten Nacht wurden südlich von Lissabon (in den Königlichen Gärten von Sintra) alle Sonderprüfungen gefahren und es waren gefühlte 100 000 (???) Zuschauer unterwegs und die Betreuungsmannschaften mussten sich mindestens zwei Tage vorher einen Serviceplatz sichern. Da wir nur ein kleines Team mit einem Serviceauto waren, war das natürlich nicht möglich. Da hat mir die Freundschaft viel geholfen. Ich durfte mir den Serviceplatz mit Lancia teilen und da Munari und Pinto mindestens einen halbe Stunde vor uns da waren, halfen uns sogar die Stratosmechaniker beim Service für den BMW.

Im Jahre 1977 besuchte ich Mario Mannucci in Mailand. Ich war in Italien am Meer auf Urlaub und es regnete ununterbrochen. Nicht lange überlegt – ein kurzer Anruf in Mailand und wir waren schon unterwegs. Das Hotel war auf einem großen Platz und als wir ankamen gab es eine herzliche Begrüßung mit Sekt und ich lernte die Familie kennen. Die Schwiegermutter, der auch das Hotel gehörte, sprach sehr gut Deutsch, da sie im Krieg lange Jahre in Wien gelebt hat. Das Zimmer war etwas gewöhnungsbedürftig, da es an allen möglichen und unmöglichen Stellen Spiegel aufwies. Wie sich später herausstellte, war das mit voller Absicht, da die Zimmer fast nur stundenweise vergeben wurden.

Am selben Abend wurde ich von Mario in sein Restaurant eingeladen. Es war eines der besten Lokale in Mailand und als wir dort eintrafen, wurden wir wie Könige behandelt. Das Essen war mehr als vorzüglich und im Laufe der nächsten Jahre habe bei meinen Mailandbesuchen das Restaurant immer wieder besucht. Mario gab aber einige Jahre später das Lokal auf, da es immer wieder das Ziel von Überfällen war und so die Kundschaft ausblieb.

Nachdem Mario Mannucci ab 1977 nicht mehr mit Sandro Munari fuhr, wurde ihm der Job als Teammanager angeboten, da der bisherige Manager Daniele Audetto zu Ferrari gegangen war. Mario machte das einige Zeit, auch setzte er sich manchmal noch am Beifahrersitz, aber er hatte das Zigeunerleben satt und er zog sich aus der Szene zurück. Er verkaufte seine Besitzungen in Mailand und wohnte einige Jahre in Bergamo, um dann die letzten Jahre in der Nähe von Triest zu verbringen. In den letzen Jahren telefonierten wir einige Male und hatten auch brieflichen Kontakt.

Mario Mannucci

Mario Mannucci

Ich könnte noch einige Anekdoten erzählen, das würden noch einige Seiten füllen, aber das würde wahrscheinlich den Rahmen sprengen.

Zum Schluss möchte ich eine kleine Macke von Mario  erzählen die so kann ich es mir vorstellen sicherlich bis zu seinem letzten Atemzug beibehalten hat. Mario kaute ganz bösartig an seinen Fingernägeln bis auf den Daumen seiner rechten Hand – den brauchte er um die Krone seiner Stoppuhr herauszuziehen.

Mit dem  Tod von Mario Mannucci ist wieder einer von der alten Garde abgetreten und auf der Himmelstraße gibt es mittlerweile ein beachtliches Starterfeld.

Ich möchte mich bei Dir bedanken, dass ich ein kleines Stück des Weges von Dir mitgehen durfte und sage nur zum Abschied

Arrivederci Mario

Helmut Neverla / 1.2012

lancianews dankt Herr Thomas Popper für die Fotos aus seinem umfangreichen Archiv über die Sportgeschichte von Lancia.

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