Motorisierte Bergsteiger – Teil 1

Motorisierte Bergsteiger – Teil 1

6 Sep, 2020

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Wie sagte Karl Valentin so treffend: „Früher waren sogar die alten Zeiten besser“. Diese „Weisheit“ lässt sich wohl bei entsprechender Veranlagung auf fast alle Bereiche des Lebens, so auch auf den Motorsport anwenden. Was es heute (fast) nicht mehr gibt, muss ja früher besser gewesen sein!

Lancia bei Bergrennen in Österreich

In der Frühzeit der Motorisierung war das Erklimmen von Bergen eine teilweise mühsame Aufgabe, die allerdings auch von manchen Verrückten in der Freizeit und aus sportlichen Gründen bewältigt wurde. Bei Wertungsfahrten galt es auf die Berge in der vorgeschriebenen Zeit hinauf und auch wieder unbeschadet runter zu kommen, bei Bergrennen so schnell wie möglich hinauf zu fahren.

So trenne ich meine späten Betrachtungen der besseren Zeiten in Österreich in zwei Teile

  • – Bergrennen
  • – Wertungsfahrten und Rallyes,

denn die beiden Disziplinen haben nur die teilweise gemeinsame Verwendung der Bergstraßen gemein. Zu Beginn der Sportgeschichte waren es dieselben Straßen und oftmals auch die Fahrzeuge, mit Fortschreiten der technischen Entwicklung erfolgte die systemimmanente Spezialisierung in Verbindung mit der laufenden Verbesserung der Straßenoberflächen. Was für Rennwagen angemessen war, war für Tourenwagen fast uninteressant – und umgekehrt.

 

Lancia bei Bergrennen in Österreich

Bergrennen

Da gab es nahezu an jedem Wochenende im Frühjahr und Herbst zwischen 1950 und 1990 irgendwo in Österreich ein Bergrennen, es gab Meisterschaften – österreichische, deutsche, italienische, französische und sogar eine Bergeuropameisterschaft. In dem Artikel „Nicht immer nur im Kreis oder durch den Dreck fahren!“ hatte ich im Jänner 2017 über Bergrennen berichtet, bei denen Lancias am Start gewesen waren. Auf Österreich eingeschränkt gibt es kaum etwas von Lancia zu erzählen, denn die Modelle von Aurelia bis Fulvia waren im österreichischen Motorsport eine ganz kleine Minderheit, waren auch nur bedingt für diese Disziplin geeignet.

Lancia bei Bergrennen in Österreich – Carlo Facetti Timmelsjoch 1963

Lancia bei Bergrennen in Österreich – Luigi Cabella Timmelsjoch 1963

Lancia bei Bergrennen in Österreich – Leo Cella Timmelsjoch 1963

Zuerst einmal eine unvollständige Liste der Bergstraßen, auf denen Bergrennen gefahren wurden. Sie sind sicher schon mehrmals über einige dieser Straßen gefahren, können Sie sich vorstellen, dass diese „damals“ für Rennen abgesperrt wurden?

Der „berühmteste“ österreichische Berg war der Semmering, der von 1899 bis 1933 einmal jährlich gefahren wurde. Martin Pfundner hat dies in seinem Buch (Vom Semmering zum Grand Prix, Wien, 2003) eindrucksvoll beschrieben. Nach dem zweiten Weltkrieg gab es in Österreich Bergmeisterschaften, die Rennen auf vielen bekannten Bergstraßen einschloss: Wiener Höhenstraße von Klosterneuburg, Braunsberg in Hainburg, Dopplerhütte, Stotzing bei Eisenstadt, Sonntagsberg, Buschberg, Grubberg, Sollböck bei Scheibbs, Bad Mühllacken, Behamberg, Engelhartszell, Gmundner Berg, Gaisberg in Salzburg, Weerberg, Timmelsjoch, Axamer Lizum, Gargellen, Alpl, Kapfenberger Schlossberg, Platschberg, Stainz, Stubenberg, Reinischkogl, Tauplitz, Ries in Graz, Pötschenpass, Koralpe, Loiblpass, Wurzenpass, Dobratsch bei Villach usw.

Großteils von lokalen Zweigvereinen des ÖAMTC und ARBÖ organisiert, waren aus versicherungstechnischen Gründen auch kurze Wertungsfahrten rund um die Bergstrecke und die Bergprüfung zu fahren, die später zu Bergrennen umgewandelt wurden.

Lancia bei Bergrennen in Österreich – Claudio Maglioli Axamer Lizum 1965

Lancia bei Bergrennen in Österreich – Privatfahrer „Kandaru“ Gaisberg 1965

Bei den Bergrennen waren dann oft alle Kategorien und Klassen ausgeschrieben, manchmal auch für Motorräder, sodass sich ein buntes Bild von Serien- und verbesserten Tourenwagen, GT, Sportwagen bis zu Rennwagen ergab. Trainingsläufe und zwei gewertete Läufe waren zu absolvieren. Oftmals gab es auch Mehrfachstarter, wenn Teilnehmer in mehreren Klassen antraten. Die mussten zwischen ihren Läufen wieder talwärts fahren.

Lancia bei Bergrennen in Österreich – Peter C. Blaimschein Gaisberg 1957

Lancia bei Bergrennen in Österreich – Rudolf Smoliner Gaisberg 1957

Lancia bei Bergrennen in Österreich – Peter C. Blaimschein Gaisberg 1958

Im Zuge der Europäischen Tourenwagenmeisterschaften ETTC waren in den frühen 1960er-Jahren auch Bergrennen zu fahren, daher kam das Reparto Corse Lancia „bei Bedarf“ zu den österreichischen Rennen, die im Kalender vorgesehen waren:

1957 – Gaisbergrennen – Peter C. Blaimschein und Rudolf Smoliner auf Aurelia B20 GT
1958 – Gaisbergrennen – Peter C. Blaimschein auf Aurelia B20 GT
1963 – Timmelsjoch mit den Flaminia Coupés mit Luigi Cabella und Carlo Facetti – Tourenwagen bis 2.500 ccm. Klassensieg und Platz 2.
1963 – Timmelsjoch mit zwei Flavia Coupés 1,5 mit Leo Cella und Franco Patria, der letzterer startete allerdings nicht. Klassensieg für Leo Cella
1965 – Axamer Lizum mit Flavia Sport mit Claudio Maglioli – Platz 3 hinter den überlegenen BMW 1800
1965 – Gaisbergrennen – privater Einsatz des Südtirolers „Kandaru“ auf Flavia Sport.
1965 – Walter Radler fuhr 1965 in Österreich Giorgio Piantas Flaminia Coupé TO 605893 in der Rallyestaatsmeisterschaft und bei einigen Bergrennen, bei denen er Klassensiege erreichte.

 

Lancia bei Bergrennen in Österreich – Walter Radler Koralpe 1965

Lancia bei Bergrennen in Österreich – Walter Radler Stubenberg 1965

Im zweiten Teil dieses Rückblicks blicke ich auf die Wertungsfahren und Rallyes in Österreich zurück, welche Bergprüfungen in ihren Programmen hatten.

 

E. Marquart / 8.2020

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